Profis 12.04.2023 - 18:05 Uhr
Widmer: "Wir ziehen unser Ding durch"
Der FSV-Kapitän über "eine sehr positive Entwicklung", den Teamspirit, die gefühlte Niederlage gegen Bremen und das anstehende Köln-Spiel
Nach 27 Spielen stehen die 05ER mit 41 Punkten auf Platz acht und sind aktuell das drittbeste Rückrundenteam. Mit dem 3:0-Erfolg in Leipzig knackte man vor anderthalb Wochen bereits die 40-Punkte-Marke und sicherte den Ligaverbleib. Das hätte man in der Winterpause doch sicherlich so unterschrieben, oder? "Ja, klar", antwortet 05-Kapitän Silvan Widmer. Hinter dem Erfolg stecke "eine sehr positive Entwicklung", so der Außenverteidiger. Die Mannschaft liefere im täglichen Training und in den Spielen ab, zudem seien die Winterneuzugänge "voll eingeschlagen", lobt der Schweizer.
Konkurrenzkampf, aber große Harmonie
Die beschriebene Konstanz, die den Mainzern in der ersten Saisonhälfte phasenweise noch gefehlt hatte, gehöre im Fußball zu den wichtigsten Dingen, betont Widmer. "Im Moment schaffen wir es, unsere Leistungen konstant auf den Platz zu bringen, egal, wie der Gegner heißt oder wie es gerade steht. Wir ziehen unser Ding durch, glauben an unsere Fähigkeiten“, erklärt der Schweizer die Gründe für die herausragende Punkteausbeute der vergangenen Wochen und Monate seit dem Jahreswechsel.
Auch die hohe Qualität in der Kaderbreite, die durch die Winterverpflichtungen Ludovic Ajorque und Andreas Hanche-Olsen noch einmal gesteigert wurde, sei enorm wichtig. Trainer Bo Svensson beschrieb es zuletzt als "ambivalentes Gefühl", im Spiel über die Schulter zu gucken und zu sehen, wer dort auf der Bank sitzt. Diese Situation belebe jedoch den Konkurrenzkampf, so der 05-Kapitän. Jeder Spieler wisse, dass er im Training "Gas geben" müsse, um seinen Stammplatz zu verteidigen. Dennoch, so hebt Widmer hervor, sei man eine "homogene Mannschaft“, man harmoniere gut miteinander. "Wir verstehen uns super und ziehen alle an einem Strang. Es ist wirklich eine super Truppe."
Wie sehr sich Widmer mit dem FSV identifiziert, zeigt auch die Vereinsmitgliedschaft seiner beiden Töchter. "Meine Frau und meine Kinder kommen zu jedem Heimspiel und sind auch auswärts manchmal dabei, ich fühle mich sehr mit dem Verein verbunden", so der Mainzer Kapitän.
Vollgas, auf und neben dem Platz
Der Zusammenhalt zeigt sich auch, wenn Widmer selbst mal nicht von Beginn an auf dem Feld steht, denn auch den Spielern auf der Bank komme eine entscheidende Rolle zuteil, weiß der 05-Kapitän. "Ich habe gemerkt, dass man der Mannschaft sehr wohl von außen helfen kann, habe versucht, möglichst viel positive Energie reinzugeben und die Jungs bestmöglich zu unterstützen“, beschreibt der Schweizer die Wichtigkeit der emotionalen Unterstützung, des "Pushens" der Teamkollegen von der Bank.
Auch sportlich sei es natürlich von Vorteil, im Spielverlauf mit hoher Qualität von der Bank nachlegen zu können. "Oftmals werden Spiele erst in der Schlussphase entschieden, manchmal auch von Einwechselspielern", weiß der Nationalspieler der Eidgenossen. Jüngst traf beispielsweise Nelson Weiper in der Nachspielzeit wenige Minuten nach seiner Einwechslung zum zwischenzeitlichen 2:1 gegen Werder Bremen. Es gehe darum, als Joker "von der ersten Sekunde an Vollgas zu geben", unabhängig davon, wie viel Zeit noch auf der Uhr ist.
Unterschiedliche Spiele und Lehren
In den beiden Partien gegen Leipzig (3:0) und Bremen (2:2) nach der Länderspielpause, durfte Widmer dann wieder von Beginn an ran und erlebte zwei äußerst unterschiedliche Spiele. "In Leipzig hatten wir auf dem Platz das Gefühl, dass fast alles perfekt aufgeht. Alles ist für uns gelaufen", erinnert sich der 30-Jährige zurück. Zusätzlich habe man eine "hervorragende Leistung“ gebracht. Gegen Bremen sei diese dann, besonders in der ersten Hälfte, weniger gut gewesen. "Die zweite Halbzeit war besser, aber wir schenken zweimal die Führung direkt wieder her", so Widmer. Wichtig sei es mitzunehmen, in den ersten Minuten nach einem Tor "noch konzentrierter und cleverer zu agieren", zieht der 05-Kapitän Lehren aus der wilden Schlussphase gegen den SVW, die er in seiner Karriere in dieser Form noch nicht erlebt hat. Letztlich waren es zwei lange Bälle der Hanseaten, für die man "zu wenig bereit" gewesen sei, die den Rheinhessen den Sieg und zwei Zähler kosteten.
"Es fühlte sich wie eine Niederlage an", gibt Widmer Einblicke in seine Gefühlswelt unmittelbar nach dem Abpfiff. Man habe zuhause gegen einen Gegner gespielt, der in der Tabelle hinter dem FSV steht, entsprechend sei es der eigene Anspruch gewesen, zu gewinnen. "Gerade auch nach den positiven letzten Wochen", so der Schweizer. Dennoch dürfe man jetzt nicht alles "schwarzmalen", nahm man am Ende doch einen Punkt mit und blieb im achten Spiel in Folge ungeschlagen.
Den Kölnern emotional "Paroli bieten"
Die Chance, wieder dreifach zu punkten erhalten die 05ER dann am Samstagnachmittag (15:30 Uhr, live auf Sky & 05ER.fm), wenn es auswärts gegen den 1. FC Köln geht. "Es wird ein emotionales Spiel", erwartet Widmer eine schwierige Aufgabe in der Domstadt, freut sich auf die Atmosphäre sowie die Unterstützung der zahlreich mitreisenden Mainzer Anhänger. "Es treffen zwei Mannschaften aufeinander, die sich nichts schenken werden", weiß der FSV-Kapitän. Gerade auf emotionaler Ebene müsse man dem FC "Paroli bieten", schließlich lebe die Baumgart-Elf auch vom Kämpferischen. "Da müssen wir dagegenhalten und unsere spielerischen Qualitäten ausspielen."
Besonders interessant könnten dabei die Duelle auf den Außenbahnen werden, schließlich nutzen beide Mannschaften diese nicht selten, um zum Erfolg zu kommen. Köln erzielt 70 Prozent seiner Tore über außen, die 05ER waren bereits neunmal nach Flanken erfolgreich. Hinten müsse man als Außenspieler also versuchen, Flanken zu verhindern, sich in Eins-gegen-Zwei-Situationen Hilfe der Mitspieler holen, sobald sich der Kölner Außenverteidiger mit in die Angriffsbemühungen einschaltet, beschreibt Widmer. Offensiv möchte der Schweizer versuchen, "die Tiefe zu attackieren und die Stürmer mit brauchbaren Bällen zu füttern." Der 5:0-Hinspielsieg spiele unterdessen keine Rolle mehr, dieser liege zu weit zurück, zudem habe man lange Zeit in Überzahl agiert. "Es wird am Samstag ein ganz anderes Spiel, darauf müssen wir uns vorbereiten, wie in den letzten Wochen auch."