• Home
  • News
  • Zu fehlerhaft gegen das Tafelsilber

Profis 30.10.2022 - 12:30 Uhr

Zu fehlerhaft gegen das Tafelsilber

05-Chefcoach Svensson vermisst bei der Niederlage in München auch die Ausstrahlung nach der Pause

Die guten Hoffnungen, die der 1. FSV Mainz 05 sowie die etwa 1500 Fans, die den Bundesligisten zum Auswärtsspiel nach München begleiteten, mit im Gepäck trugen, und die sich auf die erfolgreiche Englische Woche mit den Auswärtssiegen bei Werder Bremen, im Pokal beim VfB Lübeck und dem 5:0 zu Hause gegen den 1. FC Köln stützten, mussten die Gäste in der Allianz Arena schon sehr früh begraben. Der Wunsch, Bo Svensson, der zwei seiner drei Duelle als Cheftrainer des FSV mit dem FC Bayern München gewonnen hatte, könnte diese positive Bilanz gegen den Rekordmeister nun auch auswärts ausbauen, erfüllte sich nicht. Stattdessen kassierte der 43-Jährige 05-Cheftrainer mit seinem Team, wie auch schon einige seiner Vorgänger, eine deftige Niederlage im Stadion vor den Toren Münchens. Mit 2:6 mussten sich die Mainzer Am Ende dem großen Favoriten geschlagen geben und mit der sechsten Niederlage in Folge in der bayerischen Metropole die Heimreise antreten.

Nur ein Aspekt der vergangenen Erfolgswoche hatte auch am zwölften Spieltag der Bundesliga Bestand: Marcus Ingvartsen schoss erneut sein Tor. Der Mittelstürmer erzielte seinen fünften Treffer hintereinander und betrieb damit noch ein klein wenig Ergebniskosmetik.

Zu passiv in der Box und drumherum

Der Mainzer Sportdirektor sprach anschließend von einer deftigen Klatsche. "Wenn du hier 2:6 verlierst, dann ist das sehr hoch und ein klares Urteil", sagte Martin Schmidt, der den Englischen Begriff dafür benutzte und von einem "verdict" sprach. "Wir waren in der Defensive nicht gut. Wir haben zu passiv in der eigenen Box und um den Sechzehner herum verteidigt. Außen sind wir den letzten Meter nicht gegangen, waren nicht aggressiv genug. Da hat es gefehlt, so kommen Bälle in die Mitte, die sehr schwer zu verteidigen sind. Dann sind wir Innen zu weit vom Gegner weg. Natürlich haben die Bayern eine Riesen-Qualität, aber das kann man besser verteidigen, und das haben wir nicht geschafft." Die Mannschaft habe das Spiel bereits in der ersten Hälfte verloren mit dem 0:3 Rückstand.

"Bayern war aber auch von der ersten Minute an sehr aktiv, sehr dominant. Man hat ihre breite Champions-League-Brust gesehen.  Früher haben sie in solchen Wochen schon mal durchrotiert, heute lag von Anfang an ihr Tafelsilber auf dem Tisch, das hat sicher Eindruck gemacht bei unserem Team. Da war viel Respekt dabei. Wir waren zu vorsichtig, zu passiv. Und nach dem frühen Rückstand ist es nicht leichter geworden", sagte der Schweizer.

Auffallend war, dass dieses aggressive Spiel gegen den Ball, die hochintensive und kompakte Vorwärtsverteidigung im Verbund, mit dem die 05er zuletzt sowohl den Bremern als auch dem 1. FC Köln Raum und Zeit im Spiel genommen hatten, diesmal kaum stattfand. "Wir haben ganz schlecht angefangen und haben es uns selbst zuzuschreiben, dass wir verhältnismäßig früh zurückgelegen haben. Dann weiß jeder, dass es hier sehr, sehr schwierig wird. Trotzdem haben sich die Jungs noch etwas aufgerappelt, glücklicherweise das Tor noch gemacht, so sieht es nicht mehr ganz so schlimm aus", sagte Christian Heidel in der Halbzeitpause bei Sky. "Wir müssen insgesamt einfach aggressiver spielen. Was uns sonst insgesamt auszeichnet, ist uns heute ein bisschen abgegangen", so der Vorstand Sport & Kommunikation.

30.10.2022

Die PK nach #FCBM05

Beim Abspielen dieses Video werden Daten an YouTube weitergegeben. Weitere informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklarung.

Aluminiumtreffer von Lee und Burkardt

"Dennoch haben wir uns einige Chancen erspielt. Eigentlich viele im Verhältnis zu dem, was man sonst hier in München kriegt. Offensiv, kann man sagen, ist der Plan einigermaßen aufgegangen, defensiv war es weniger gut", ergänzte der 05-Sportdirektor. Vielleicht hätte der Mainzer Plan trotz der angesprochenen Probleme besser aufgehen können, wenn Jonathan Burkardt in der 32. Minute etwas Glück gehabt und eine Hereingabe von Silvan Widmer aus vollem Lauf nicht an die Latte, sondern ins Netz geknallt, oder Jae-Sung Lee den Nachschuss verwertet und nicht den Pfosten getroffen hätte. Oder wenn es dem Stürmer in der Nachspielzeit der ersten Hälfte gelungen wäre, mit seinem Elfmeter Sven Ulreich zu überwinden. Der Bayern-Keeper spekulierte jedoch richtig, sprang nicht in eine Ecke, sondern in die Höhe und lenkte den Ball über die Latte. Burkardt habe ihm in der Pause gesagt, er habe nie damit gerechnet, dass der Bayern-Keeper beim Elfmeter stehenbleiben würde, berichtete Martin Schmidt: "Ulreich hat ihn durchschaut." Der unmittelbar nach dem verschossenen Strafstoß folgende Eckball brachte dann den Treffer zum 1:3-Halbzeitstand durch Widmer, der eine Ecke von der vorderen Fünfmeterraumlinie aus mit einem Schönen Kopfball ins lange Eck verlängerte.

"Bo hat in der Pause angesprochen, dass die Mannschaft mutiger am Offensivplan dranbleiben soll, dass wir nochmal zu Chancen kommen werden", erzählte der 05-Sportdirektor. "Es war ein mutiger Beginn von uns, aber dann kam das vierte Gegentor. Das war wieder nicht gut verteidigt und wieder über die Außen. Zuerst im Zentrum ausgelöst, dann über außen nach innen, ein Sinnbild der anderen Tore, die wir gekriegt haben", betonte Schmidt. Nach einer Wechselorgie auf beiden Seiten erhöhte Mathys Tel auf 5:1 für die Bayern, ehe Ingvartsen verkürzte und der frühere 05-Profi Eric-Maxim Choupo-Moting mit dem 6:2 den Schlusspunkt der Partie setzte. 

Jonny Burkardt sieht, wie der Schuss von Jae-sung Lee an den Pfosten geht. Zuvor hatte der 05-Stürmer bereits die Latte getroffen und die 05ER den möglichen Anschluss verpasst.

Fehler und Lücken aufgedeckt

Bo Svensson, der den ersten Durchgang seines Teams noch als "ganz ordentlich" bewertete, kritisierte vor allem die Leistung der Mannschaft nach der Pause. "In der zweiten Halbzeit hat mir alles gefehlt", sagte der Cheftrainer. Er habe keine gute Haltung gesehen, der Auftritt sei ihm zu mutlos gewesen. "Wir hatten keine gute Ausstrahlung. Das sah aus, als hätten wir nur auf den Schlusspfiff gewartet. So kenne ich die Mannschaft nicht", sagt der Däne.

"Heute haben wir gesehen, dass, das Ganze auch mal nach hinten gehen kann, wenn wir es nicht so konzentriert gegen diese Qualität machen", betonte Schmidt. "Es ist eine klare Klatsche, die wehtut, die einen ein, zwei Tage auch mal niederhaut, aber ich bin davon überzeugt, dass wir da wieder rauskommen werden. Heute wurden Fehler und Lücken aufgedeckt. Jetzt wissen wir, wie wir die schließen, was wir verbessern müssen. Aus jeder Niederlage kommt man im Grunde immer wieder gestärkt raus. Das werden wir auch tun. Jetzt kommt ein sehr wichtiges Spiel gegen Wolfsburg, dann gegen Schalke. Da muss der Kopf wieder oben sein. Da brauchen wir die Defensivstärke, wie in München wir sie in den vergangenen Spielen gehabt haben."