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Profis 05.12.2022 - 10:30 Uhr

Hönnscheidt: "Big Number Five" als Mainzer Lebensversicherung

Der 05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 5 mit Norbert Hönnscheidt

Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.

 

Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.

 

Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.

"Der unheimliche Norbert" Hönnscheidt war die Hauptfigur in einem der größten Vabanquespiele der Vereinsgeschichte von Mainz 05. Elf Jahre lang hatten die 05ER versucht, sich nach dem Rückzug aus der zweiten Liga neu aufzustellen und in den Profifußball zurückzukehren. 1982 schienen sie auf einem guten Weg, brachen jedoch unerwartet ein. 1987 wollten sie den Wiederaufstieg schließlich erzwingen: Der vor allem 1985 zusammengestellte Kader war weitgehend eingespielt, hatte nicht mehr viele Lücken. Das Torwartproblem lösten die Mainzer mit der Verpflichtung des besten Keepers der Südwestliga, Stephan Kuhnert aus Worms. Frank Haun aus Kaiserslautern verstärkte das Mittelfeld. Und mit Hönnscheidt wollten sie endlich einen adäquaten Sturmpartner für Charly Mähn holen.

Erst zu teuer, dann überlebenswichtig

Mähn war ein schneller, leichtfüßiger Angreifer, immer eigentlich mehr Vorbereiter als Torjäger. Hönnscheidt dagegen war ein klassischer Strafraumstürmer, der sich vor allem über Tore definierte. Einer mit einem exzellenten Instinkt und dem kompletten Abschlusspaket großer Torjäger.

Der 27-Jährige, gebürtige Biebricher mit der Erfahrung von 142 Erst- und Zweitligaspielen für Eintracht Frankfurt, Wormatia Worms und den 1. FC Saarbrücken war allerdings teuer. Weil die 05ER nicht zahlen konnten und der FCS ohne Ablöse keine Freigabe erteilte, wurde Hönnscheidt zu jeweils sechs Monaten Reamateurisierungs- und Wechselsperre verdonnert, hätte also die komplette Saison verpasst. Im Winter, mit knappem Rückstand auf Eintracht Trier auf dem zweiten Platz stehend, kauften die 05ER den Stürmer schließlich doch, mit Geld, das sie gar nicht hatten. Finanziell war der Verein am Ende, monatelang flossen keine Gehälter und vielleicht hätte Mainz 05 die Saison nicht überlebt - hätte Hönnscheidt nicht voll eingeschlagen, in 13 Ligaspielen neunmal getroffen und die Mainzer schließlich mit fünf Treffern in der Aufstiegsrunde in die inzwischen lukrative 2. Liga geschossen.

Hönnscheidt beim Abschiedsspiel von Dimo Wache im Juli 2011.

Vom Stürmer zum Mittelfeldspieler

Dort fehlte Hönnscheidt wegen eines dreifachen Bänderrisses bis Oktober. Zwar schoss er schon beim ersten Kurzeinsatz das Siegtor bei Blau-Weiß 90 Berlin, letztlich konnte aber auch er den Abstieg nicht verhindern. Diesmal aber kamen die Mainzer schnell zurück, dank der 20 Tore von Hönnscheidt (und der 22 von Mähn). Nach dem Aufstieg schob Trainer Robert Jung den Torjäger nach und nach ins Mittelfeld - was gut funktionierte. Hönnscheidt lief viel, ließ Bälle für die Mitspieler prallen, arbeitete gut und schoss weiterhin viele entscheidende Tore. 

1992 schließlich verließ Hönnscheidt die 05ER nach 132 Ligaspielen und 49 Treffern. Drei Jahre später kam er aus dem hessischen Amateurfußball ins 05-Amateurteam zurück, schoss dieses mit 42 Toren in zwei Saisons zu Aufstiegen in die Landes- und die Verbandsliga und spielte schließlich am 8. Dezember 1995 bei einem 0:1 gegen Lübeck ein letztes Mal in der 2. Bundesliga.

Aufstiegsrunden als Highlights der Mainzer Zeit

"Mir geht es gut, ich bin seit April im Vorruhestand", erzählt die FSV-Legende, der beim FSV die Nummer fünf trug und von einem schottischen Beobachter mal als "Big Number Five" bezeichnet wurde. Vor zwei Jahren habe er ein neues Kniegelenk bekommen, mittlerweile keine Schmerzen mehr. "Vorher konnte ich wegen der Arthrose kaum 100 Meter weit gehen", erinnert sich der Ex-Mainzer und blickt zurück: "Die 1988er und die 1990er Aufstiegsrunde. Das waren für Mainz damals die größten Erfolge", berichtet der ehemalige Torjäger und stellt den Zusammenhalt innerhalb des Teams in den Fokus. "Wir sind nach dem ersten Zweitligajahr wieder abgestiegen, aber zum großen Teil zusammengeblieben und haben in der Saison 1989/90 den Durchmarsch gemacht", lässt Hönnscheidt die Zeit Revue-passieren. 

"Ich bin 1987 zu 05 gewechselt, im Reamateurisierungsantrag gab es allerdings einen Formfehler. Im Januar 1988 habe ich dann mein erstes Spiel gemacht, seiner Zeit gegen Pirmasens. Dort habe ich zwei Tore zum 2:0-Sieg geschossen. Wir waren zehn Punkte hinter Trier und haben sie in den letzten 19 Spielen noch abgefangen", so der Ex-Stürmer. Am Ende kam es zum entscheidenden Duell gegen die Eintracht, Mähn und Hönnscheidt trafen für den FSV. "In der anschließenden Aufstiegsrunde waren wir kein Favorit, haben es aber durchgezogen und uns durchgesetzt gegen Unterhaching, Weinheim und Aschaffenburg. Da habe ich fünf Tore geschossen", erinnert sich Hönnscheidt. In der Zweiten Liga konnten die Saarbrücker dann die noch ausstehende Ablösesumme für den Angreifer einfordern, weil der FSV ins Profigeschäft aufgestiegen war. "Letztendlich musste der Verein dann 260.000 Mark bezahlen“, berichtet der jetzt 62-Jährige.

Den FSV im Profi-Fußball etabliert

"Es war schwer für uns in dieser Liga, wir waren ja Halbprofis und berufstätig", weiß Hönnscheidt auch heute noch. Trotz des Abstiegs sei man zusammengeblieben und 1990 gleich wieder aufgestiegen. Seither ist Mainz 05 ein Profi-Verein geblieben. Hönnscheidt erinnert sich noch genau an die zweigeteilte Zweite Liga, "als wir gefühlt viermal hintereinander gegen denselben Gegner gespielt haben". Und natürlich an sein berühmtes Tor gegen Darmstadt 98. Das 1:0-Siegtor in der 93. Minute, mit dem Rücken zum Tor aus der Drehung.

Den Namen "der unheimliche Norbert" erhielt der Torjäger von Klaus Hafner. Der FSV-Stadionsprecher sagte bei einem Kopfballtor Hönnscheidts gegen Hasborn: "Der unheimliche Norbert hat wieder zugeschlagen." Die Erinnerungen der Ex-Mainzers an jene Zeit sind gut. "Ich hatte in Frankfurt und Saarbrücken Bundesliga gespielt und kann sagen, dass ich insgesamt zufrieden mit dem bin, was ich in meiner Fußballer-Laufbahn erreicht habe", blickt der einstige Torjäger zufrieden zurück. Er bestritt ein U21-Länderspiel, spielte mit Frankfurt im Europapokal in Donezk und wurde 1981 mit der Eintracht DFB-Pokalsieger. Mit Mähn bildete Hönnscheidt in Mainz ein geniales Angriffsduo. "Wir haben uns wirklich blind verstanden", erzählt er. "Wenn ein langer Ball von hinten herauskam und ich habe den verlängert, hat Charly genau gewusst, wohin er kommt. Und er hat mir viele Dinge vorgelegt. Wir waren eine ideale Kombination vorne", erinnert sich Hönnscheidt an seine Mainzer Zeit.