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Profis 10.12.2022 - 10:20 Uhr

Ouakili: "Ich habe wie Django daran geglaubt"

Der 05-Legenden-Adventskalender: Türchen Nummer 10

Denkt gerne an die Zeiten bei Mainz 05 zurück: Abdul Ouakili.

Zehn Wochen ohne Bundesliga-Fußball unserer 05ER - das dauert viel zu lange, oder? Wir wollen diese Zeit mit gemeinsamen Erinnerungen überbrücken und haben uns etwas Besonderes ausgedacht: Der diesjährige Adventskalender steht ganz im Zeichen der 05-Legenden.

 

Passend zur früheren Rückennummer eines Ehemaligen präsentieren wir euch auf unserer Website täglich Mainzer Fußball-Geschichte und Geschichten zu unseren ehemaligen Profis. Unseren bewährten Adventskalender mit täglich neuen Gewinnchancen von Mainz 05 und unseren Partnern erreicht ihr auch über die Story auf unserem Instagram-Kanal.

 

Präsentiert wird der Kalender auch in diesem Jahr von Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling.

Abderrahim Ouakili kam einst mit nicht viel mehr als den Klamotten am Leib aus Marokko ins Rhein-Main-Gebiet. Der aus Rodgau stammende und leider zu früh verstorbene Talente-Former, -Finder und -Förderer Winfried Mann, den alle Welt nur "Django" nannten, nahm den Offensiv-Techniker unter seine Fittiche, holte ihn zum SV Jügesheim in die Landesliga und merkte schnell, dass dessen Talent höheren Ansprüchen genügte. Reinhard Rehberg, ein Freund von Mann, wohnhaft in Frankfurt und damals Sportredakteur bei der Mainzer Rhein-Zeitung, sprach mit Herrmann Hummels, seinerzeit Co-Trainer von Josip Kuze bei den Zweitliga-Profis des 1. FSV Mainz 05, über das Talent aus Marokko und verabredete ein Probetraining am Bruchweg. "Irgendwann stand Ouakili mit seiner Sport-Tasche vor meiner Tür in Bockenheim und ich habe ihn nach Mainz gefahren", erinnert sich der Journalist. Es dauerte nicht lange, bis der FSV Ouakili, der allgemein "Abdul" genannt wurde, unter Vertrag nahm.

Fußballerisch war der junge Ouakili über jeden Zweifel erhaben, ein großartiger Techniker und Dribbler im offensiven Mittelfeld, dabei enorm vielseitig. Er konnte außen und im Zentrum spielen, auch als Stürmer. Er war kopfballstark, geschickt im Strafraum, trickreich, konnte Verteidiger verrückt machen. In seiner ersten Zeit in Mainz war Ouakili eine Sensation für die 05ER.

Erster große Auftritt beim legendären Pokalspiel am Bökelberg

Seinen ersten großen Auftritt hatte der damals 23-Jährige bei jenem legendären Pokalspiel der 05ER bei Borussia Mönchengladbach am 25. Oktober 1994. Es war seine neunte Partie als Profi, nur das Debüt in der ersten Pokalrunde bei den Werder-Amateuren war nicht über 90 Minuten gegangen. Bei einer spektakulären 4:6-Niederlage beim späteren Pokalsieger am Bökelberg bereitete Ouakili in der fünften Minute Thomas Zampachs Führungstor und in der 61. Minute das 3:5 von Christian Hock vor. In dreieinhalb Jahren entwickelte sich der Marokkaner (elf Länderspiele, drei davon als 05ER) zu einem erstklassigen Torjäger, der schließlich als Führender der Zweitliga-Torjägerliste - elf Tore in 14 Spielen - im Winter 1997/98 zu 1860 München in die Bundesliga wechselte. Der Transfer half dem finanziell klammen FSV, der nach der Erhöhung der Berufsgenossenschafts-Beiträge dringend Geld brauchten, aus einer schwierigen Lage. Christian Heidel handelte dem Techniker ein schönes Gehalt aus und allen Befürchtungen zum Trotze machte dieser beim strengen Werner Lorant mit 40 Spielen (sechs Tore) in eineinhalb Jahren, wiederum die meisten als Startspieler, eine ordentliche Karriere.

Im Jahr 2000 kam Ouakili von Tennis Borussia Berlin zurück nach Mainz. Bei TeBe hatte er in einer legendären Mannschaft mit Bruno Akrapovic und Ansgar Brinkmann gespielt, bis der Verein die Lizenz verlor. Bei den Rheinhessen war Ouakili noch einmal ein wichtiger Leistungsträger. Insgesamt absolvierte er 113 seiner 183 Zweitligaspiele für Mainz 05 und erzielte hier 33 Tore. Der Offensiv-Zauberer wird übermorgen 52 Jahre jung und lebt in der marokkanischen Hauptstadt Rabat, wo er bislang als Geschäftsmann aktiv war.

Grüße aus Marokko

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Mainz immer im Herzen

"Ich hatte immer die Nummer zehn bei Mainz 05, das stimmt“, sagt Ouakili im Telefongespräch. "Mainz bleibt immer in meinem Herzen", betont der ehemalige 05er gleich zu Beginn des Gesprächs. "Bis ich sterbe."

Ohne seinen Entdecker Mann, sagt Ouakili, hätte er das nie geschafft mit der Karriere in Deutschland. "Er war immer überzeugt, dass ich dieses Niveau spielen kann, dass ich es von der Landesliga in die Zweite Liga schaffen könnte, obwohl das ein Riesensprung war. Ich habe aber wie Django daran geglaubt. Ich wusste, dass ich viele Qualitäten besitze und dass ich es schaffen würde. Viele haben nicht daran geglaubt, auch der Trainer Josip Kuze nicht. Gottseidank war Jürgen Klopp Spieler in Mainz. Der hat mein Talent erkannt und mich gefördert. Und als Hummels Trainer wurde ging es richtig los. Da waren diese Pokalspiele. Der 2:0-Sieg beim MSV Duisburg und das legendäre Spiel bei Borussia Mönchengladbach. Viele Tore, an die man sich erinnert. Wir haben in Gladbach alle eine überragende Leistung gebracht, aber leider 4:6 verloren."

Nur mit dem Aufstieg klappte es nicht

Leider, sagt der Ex-Profi, habe sein Tor in Wolfsburg nicht gereicht zum Aufstieg. "Heute wünschte ich, ich hätte die ganze Saison gar kein Tor, dafür aber drei oder vier Treffer in Wolfsburg erzielt und wir wären aufgestiegen. Leider hat unsere sehr gute Leistung nicht gereicht", so Ouakili. Die Mainzer unterlagen bekanntlich im letzten Spiel der Saison 1996/97 mit 4:5 beim VfL Wolfsburg, der seitdem in der Bundesliga spielt.

Er habe sehr viele gute Erinnerungen an diese Zeit am Bruchweg, sagt der frühere Nationalspieler. "Wenn ich zurückblicke, dann erinnere ich mich an Mainz 05 als eine Familie, an Harald Strutz als Präsident, der wie ein Vater war, an Christian Heidel, an Peter Arens, der leider nicht mehr unter uns weilt. Natürlich bleibt immer Wolfgang Frank in Erinnerung. Er ist leider nicht mehr bei uns, aber immer in unseren Herzen. Ich hatte viele gute Trainer, auch Dietmar Constantini war ein sehr guter. Wolfgang war aber etwas ganz Besonderes. Ein überragender Mensch und Trainer. Was Kloppo heute macht, ist eigentlich 'Frankseidank'."

05ER immer im Blick

Er schaue sich jedes Spiel von Mainz in Marokko im Fernsehen an. Mit Stephan Kuhnert habe er immer noch Kontakt. Ab und zu schreibe er auch mal mit Kloppo und versuche sowieso immer, die alten Mainzer Kollegen im Blick zu behalten.

Ouakili hat inzwischen ein neues Betätigungsfeld gefunden. "Meine Geschäfte mit Immobilien laufen gut, aber ich habe nun eine Karriere als Kommentator gestartet, als marokkanischer Experte im Fernsehen. So etwas, wie es Lothar Matthäus in Deutschland macht, mache ich hier beim Fernsehen und versuche meine Erfahrungen und mein Wissen weiterzugeben“, sagt er.  Es sei kein Zufall, dass seine Nationalmannschaft bei der WM so aufblühe. "Wir alle geben unsere Erfahrungen weiter. Und was die Mannschaft leistet, ist sensationell. Es ist unglaublich hier im Land. Die Jungs haben endlich mal kapiert, dass zu diesem Spielwitz, den ich ebenfalls gehabt habe, auch Disziplin gehört. Wenn du diese Mischung hast, taktisch so diszipliniert spielst, den nötigen Siegeswillen hast, kannst du jeden schlagen – ohne Ausnahme.  Das machen die Jungs in Katar super und so kommen die Erfolge. Wir sind alle überzeugt, dass wir Portugal im Viertelfinale schlagen. Wir haben so eine Euphorie und so viel Energie“, schwärmt der Ex-Mainzer, der viel unterwegs ist, Fußballspiele in Dubai, Katar oder Marokko kommentiert.

Im Gespräch wird der frühere Profi melancholisch, wenn er an die Zeit beim FSV zurückdenkt. "Ich vermisse die Mainzer Fans, die haben mich geliebt und unterstützt“, sagt Ouakili und verspricht, bald einmal wieder vorbeizuschauen. Um der alten Zeiten willen.