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  • Nadiem Amiri über seine "gute Connection" zu Brajan Gruda

Profis 10.04.2024 - 18:30 Uhr

Auf allen Ebenen "eine gute Connection"

Der Winter-Wechsel Nadiem Amiris hat sich für beide Seiten längst als goldrichtig erwiesen. Vor dem Wiedersehen mit seinem Ausbildungsverein am Wochenende spricht er über sportliches & privates Glück, seinen Umgang mit Druck und erklärt wie sein perfektes Wochenende aussehen könnte.

Filigrantechniker unter sich: Amiri mit Brajan Gruda kurz nach dessen Treffer gegen Darmstadt.

Es war ein Torjubel mit stellvertretendem Charakter, der wohl kaum nachdrücklicher hätte untermauern können, dass Nadiem Amiri mittlerweile durch und durch 05ER ist. Zeigefinger an Zeigefinger posierte der 27-jährige Mittelfeld-Allrounder nach dem 2:0 gegen Darmstadt 98 mit Torschütze Brajan Gruda, dessen erster Gratulant er war, vor der 05-Fankurve. Eine Geste der beiden fußballerisch wohl begnadetsten Akteure im Mainzer Kader, die "eine gute Verbindung, eine gute Connection" symbolisieren sollte, wie der Winter-Neuzugang zu Wochenbeginn erläutern sollte. Den Jubel müsse man zwar noch üben, auf dem Platz aber harmoniert Amiri längst mit jedem seiner Teamkollegen, eben nicht zuletzt mit Gruda. "Wir haben uns das Vertrauen als Team gemeinsam zurück erarbeitet in den letzten Wochen. Das geht nur über Erfolgserlebnisse und gute Leistungen." An beidem hat der fünfmalige deutsche Nationalspieler einen enormen Anteil.

Zehn Partien hat Amiri seit seiner Ankunft am Bruchweg für den FSV absolviert, jeweils in der Startelf. Zwölf Zähler konnten die Mainzer dabei einfahren und ihr Punktekonto in dieser Zeit mehr als verdoppeln. Der Mittelfeld-Stratege, der bei Bayer 04 Leverkusen in der Hinrunde nur sporadisch zum Einsatz gekommen war, erwies sich dabei von Anfang an als Führungsspieler mit überdurchschnittlichen Qualitäten. Lediglich die Spielpraxis fehlte. In Mainz bekam er das, was er zuletzt vermisst hatte: bedingungsloses Vertrauen und Einsatzzeiten. Nicht nur wegen seiner bislang drei Scorerpunkte - hinzu kommen diverse Pre-Assists, zuletzt zwei gegen Darmstadt - erweist er sich dabei als Anker für die Kollegen, als Denker und Lenker im Spiel des FSV. "Ich bin sehr glücklich und habe das Gefühl, wieder zur alten Stärke zurückgefunden zu haben. Ich darf spielen und spüre das Vertrauen von allen. Ich habe es schon am Anfang gesagt: Ich möchte jeden Tag mein Bestes geben, im Training und in jedem Spiel. Das ist mein Ziel und mir bislang, denke ich, ganz gut gelungen.“

Die Erklärung zum Jubel

"Geil, heute geht’s ab"

Als Volltreffer hat sich der Wechsel sowohl für die abstiegsbedrohten Rheinhessen, wie auch für die Familie Amiri erwiesen. Im vergangenen Spätsommer erstmals Eltern geworden, seien seine Frau Nele und er in Düsseldorf häufig allein gewesen. Beim Angebot aus Mainz mussten beide auch deshalb nicht lange überlegen, weil die Rückkehr nach Ludwigshafen als privater Lebensmittelpunkt auch das Leben abseits des Platzes aufwertete. Der Familie und Freunden wieder näher zu sein, sie regelmäßiger sehen zu können, war einer der Faktoren, sich dem FSV anzuschließen. "Ich wollte einfach wieder Spaß haben an meiner Leidenschaft, dem Fußball, und nicht alle drei Tage auf der Bank sitzen. Und auch aus privater Sicht hat es gepasst, da meine Familie hier in der Region lebt. Das Gesamtpaket war sehr gut für mich."

Überzeugt hat Amiri längst auch die 05-Familie sowie die Atmosphäre rund um den Bruchweg, in der Stadt sowie in der MEWA ARENA. "Wir trainieren gut, sind voll da, und man sieht, dass die ganze Stadt hinter uns steht. Wir können es nur gemeinsam schaffen", sagt Amiri, bevor er seine Eindrücke rund um den Abstiegskracher gegen die Darmstädter am vergangenen Wochenende schildert: "Schon als wir mit dem Bus vom Hotel Richtung Stadion gefahren sind, haben wir viele Fans in Trikots gesehen und auch gespürt, dass eine gewisse Euphorie und Vorfreude herrscht. Beim Aufwärmen hat das Stadion gebrannt. Man hat gemerkt: 'Geil, heute geht’s ab.‘ Und Gott sei dank konnten wir den Fans etwas zurückgeben." 

Womit die 05ER einen weiteren kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben, aber dranbleiben müssen, nachdem der Rückstand auf Rang 15, den derzeit der VfL Bochum belegt, auf drei Zähler verringert werden konnte. Den schon außer Reichweite scheinenden direkten Klassenerhalt wieder in Tuchfühlung zu wissen, befreie aber keinesfalls vom Druck, auch die nächste Partie als Duell mit Endspiel-Charakter zu begreifen und Woche für Woche hochkonzentriert zu bleiben. Eine Herausforderung, die der 05-Profi mag und daraus gar Stärke zieht: "Druck ist aus meiner Sicht auch das geile am Fußball. Ich mag und brauche ihn, um eine Top-Performance abzuliefern. Wir haben schon bewiesen, dass wir damit umgehen können, waren in den Spielen gegen Darmstadt, Bochum oder Leipzig voll da. Auch Augsburg hatte schon Final-Charakter. Jedes Spiel ist wichtig, am Samstag gilt es wieder, alles abzurufen und am besten noch etwas draufzupacken. Da wartet ein Gegner mit viel Qualität und Ambitionen auf Europa. Es wird hart, wir werden die Fans und die Stadt wieder im Rücken brauchen, um erfolgreich zu sein."

Schon lange vor dem Anpfiff der Partie gegen Darmstadt hat es bei Nadiem - hier bei der Begrüßung der Fans vor der Arena - "richtig gekribbelt". 

Besonderes Wiedersehen ohne Sentimentalitäten

Das anstehende Duell mit der TSG 1899 Hoffenheim, deren Trikot er sieben Jahre lang trug und für die er seine ersten 115 Pflichtspiele als Profi bestritt, am Samstagnachmittag (15.30 Uhr, Heimbereich ausverkauft) in der MEWA ARENA hat für Amiri natürlich eine besondere Bedeutung. "Der Verein hat in meinem Leben eine ganz besondere Rolle gespielt und liegt mir am Herzen", so Amiri, wenngleich für Sentimentalitäten, bei aller Wiedersehensfreude, am Wochenende kein Raum bleiben werde. Wie üblich wird sich der 27-Jährige akribisch auf die Partie vorbereiten und versuchen, ihr seinen Stempel aufzudrücken. Unter anderem schaue er sich nach jedem Spiel nochmal seine gefürchteten Standards an, um noch besser, noch gefährlicher zu werden. "Ich versuche beispielsweise immer, meine Abläufe bei der Ausführung oder meine Positionierung zum Ball zu verbessern." Generell bewerte er seine persönlichen Auftritte im "Gesamtpaket": Torschüsse, Vorlagen, 90 Minuten voll fokussiert sein und mit seiner Erfahrung vorangehen. "Wenn ich der Mannschaft helfen und etwas mitgeben kann, dann ist es grundsätzlich schon mal ein gelungener Tag", so der Spieler, der von Tag eins an als Teamplayer auftritt, bescheiden. 

Auf einen solchen Nachmittag setzt er auch an diesem Wochenende in der erneut nahezu ausverkauften MEWA ARENA, die er gemeinsam mit den Kollegen zum Beben bringen möchte. Schließlich plant er im Erfolgsfall einen privaten Ausflug in die alte Heimat nach Leverkusen, wo sein Ex-Klub am Sonntag gegen Werder Bremen vorzeitig den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte einfahren kann. "Die Tickets habe ich schon bekommen", verrät er, denn auch zu Bayer ist die Verbindung, die Connection, nach wie vor gut. Nicht zuletzt aufgrund seiner acht Hinrunden-Einsätze dürfte auch er den Titel in seiner Vita vermerken. In dieser würde der mögliche Klassenerhalt mit dem FSV im Falle des Falles zwar nie auftauchen, sportlich aber ohne Zweifel auch nicht weniger wert sein.