Profis 15.07.2025 - 18:30 Uhr
Kasey Bos lebt seinen Traum
Der Neuzugang aus Melbourne über seine rasante Entwicklung, den FSV, Unterschiede zum Fußball in Australien und warum sich Mainz für ihn noch wie eine Kleinstadt anfühlt

Von 'Weck, Worscht und Woi' oder 'Handkäs' mit Musik' dürfte Kasey Bos in seiner Jugend eher nicht geträumt haben. Vielmehr malte sich der Australier - wie wohl viele kickende Kinder auf dem Kontinent zwischen dem Indischen und dem Pazifischen Ozean - eine Karriere als professioneller Fußballer in Europa aus. Mit den Mainzer Spezialitäten machte er nach seinem Wechsel zu Mainz 05 in einem Video von 05ER.tv jedenfalls direkt Bekanntschaft. Bos wird die Erfahrung verschmerzen können, denn als Neuzugang des FSV darf er nun seinen Kindheitstraum als Profi in der Bundesliga leben.
Der 21-Jährige hat in weniger als eineinhalb Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt. Ende Februar 2024 machte er sein erstes Profispiel für Melbourne Victory, nach 35 Einsätzen, fünf Toren und drei Vorlagen für seinen Ex-Klub kam der Wechsel nach Mainz zustande. Zudem wurde Bos in der letzten Abstellungsperiode erstmals in die australische Nationalmannschaft berufen. Das scheint viel für einen jungen Menschen, der sich nicht nur an einen neuen Klub, ein neues Team, einen anderen Fußball in einer Top-Liga Europas, sondern auch an eine neue Stadt und das Leben auf einem über 20 Flugstunden entfernten Kontinent gewöhnen muss. Der 1,80 Meter große Linksfuß macht in seinen ersten Wochen in Mainz und auch in der Medienrunde am Dienstag den Eindruck, das alles gut verarbeiten und einordnen zu können. "Ich weiß nicht, ob ich mit allem gerechnet habe, aber ich habe hart gearbeitet. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht allzu lange dauern würde, weil es gut lief. Und dann kam eins zum anderen", so Bos.
Linksverteidiger mit Potenzial: "Kann viel von Phillipp lernen"
Viel Überzeugungsarbeit mussten die 05ER nicht leisten, um den talentierten Australier für den FSV zu gewinnen. "Eigentlich mussten sie gar nicht viel sagen. Der Verein ist einfach großartig", sagt Bos, der nach der ersten Kontaktaufnahme ein paar Bundesligaspiele der Rheinhessen genauer unter die Lupe nahm. "In der letzten Saison lief es ja richtig gut. Das war spannend zu sehen."
05-Sportdirektor Niko Bungert charakterisierte Bos, der Lionel Messi und Arjen Robben als Idole angibt, im Rahmen des Transfers wie folgt: "Kasey ist ein sehr laufstarker Spieler für die linke Außenbahn, der mit seinen defensiven und offensiven Stärken sowie mit seiner dynamischen und mutigen Spielweise sehr gut zu dem von uns gesuchten Profil passt. In der A-League hat er sein Talent bereits bewiesen. Wir glauben, dass er mit seinem Potenzial auch in der Bundesliga bestehen und sich neben einem gestandenen Profi wie Phillipp Mwene bei uns bestens weiterentwickeln kann." Die sportlich Verantwortlichen beim FSV trauen dem Linksverteidiger also einiges zu. Und dieser will sich als Backup des Österreichers schnell zu einer ernsthaften Alternative entwickeln. Auch, wenn Bos weiß, dass er sich zunächst hinter dem erfahrenen Mwene anstellen muss. "Von dem, was ich bisher in den Spielen und im Training gesehen habe, ist er ein großartiger Spieler. Ich glaube, ich kann viel von Phillipp lernen", erzählt der 21-Jährige, der im Testspiel bei Bayern Alzenau schon einige Standards übernehmen durfte, die für Gefahr sorgten. Die Technik dafür eignete er sich im heimischen Garten an. "Mein Vater hat ein Tor aufgestellt. Da da habe ich immer geübt, meinen eigenen Anlauf und meine Technik entwickelt."
Alles "viel intensiver und schneller"
Im Hause Bos lief im Fernsehen damals jede Menge Fußball vom europäischen Kontinent, beispielsweise aus der Premier League und der Bundesliga. Die höchste deutsche Spielklasse ist deshalb keine gänzlich Unbekannte für den neuen 05ER. "Aber es gibt noch viel zu lernen. Ich schaue mir in meiner Freizeit gerne Dinge an, um aufzuholen", erzählt der Linksverteidiger, für den der Wechsel " definitiv ein großer Schritt nach vorne" ist. "Hier ist alles viel intensiver und schneller, als ich es gewohnt war."
Geholfen bei der Eingewöhnung habe auf jeden Fall die familiäre Atmosphäre beim FSV. "Alle sind sehr herzlich und ich habe ein gutes Gefühl, hier zu sein." Mit Konstantin Schopp, der aus Graz nach Mainz gewechselt ist, wohnt Bos derzeit noch im Hotel. Gemeinsam erkunden die beiden Neuzugänge die Stadt, die ganz anders ist als die Millionenstadt Melbourne. "Hier fühlt es sich eher wie ein Dorf oder eine kleine Stadt an. Aber alles ist so nah beieinander, das gefällt mir. Die Gemeinschaft ist super – ich genieße es hier", betont der Australier, der auch einen niederländischen Pass besitzt und deshalb auch auf familiäre Unterstützung zählen kann. Bos' Vater wuchs in den Niederlanden auf. "Seine ganze Familie lebt dort – sie kommen mich manchmal besuchen. Letztes Wochenende war mein Onkel da."
Bruder als Konkurrent in der Nationalmannschaft
Nicht zuletzt spielt auch sein Bruder in Europa, beim KVC Westerlo in Belgien, rund dreieinhalb Stunden Autofahrt von Mainz entfernt. Jordan Bos ist ebenfalls Linksverteidiger, hat aber bereits 19 Länderspiele auf dem Buckel. Zusammen wollen die beiden bei der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr für Australien dabei sein. Jetzt haben sie auch die Möglichkeit, sich öfter zu sehen. "Ich versuche, ihn dieses Wochenende zu besuchen", so Bos. Beim nächsten Gegenbesuch wird er seinen Bruder dann vielleicht auch in die kulinarischen Spezialitäten in Mainz einführen.