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Verein 16.10.2022 - 19:00 Uhr

Mainz 05 trauert um Kurt Planitzer

Der ehemalige 05-Torwart ist am Samstag im Alter von 86 Jahren gestorben.

Kurt Planitzer als 05-Torwart im Bruchwegstadion.

Der 1. FSV Mainz 05 trauert um Kurt Planitzer. Der Kasteler, in den 1960ern in über 200 Liga- und Pokalspielen 05-Torwart, verstarb am Samstag im Alter von 86 Jahren.

"Wenige Tage nach dem Tod von Horst Hülß müssen wir als Mainz 05 Abschied von einem weiteren großen 05ER nehmen. Die Nachricht von Kurt Planitzers Tod macht uns betroffen und bedeutet erneut einen großen Verlust für die 05-Familie", sagt Volker Baas, Aufsichtsratsvorsitzender des FSV, der Planitzer in den 60er Jahren im Bruchwegstadion – als Spieler unter seinem Vater Heinz Baas - live erlebt und dabei sowohl als Sportler als auch als Mensch schätzen gelernt hatte.

1963 kam Planitzer von Kastel 06 an den Bruchweg; der damals 26-Jährige war einer von zwei Kandidaten für die Nachfolge von Horst-Dieter Strich, der in die neue Bundesliga gewechselt war. Wilde Geschichten rankten sich um die Verpflichtung des Torwarts, der auf der anderen Rheinseite noch lange als Mittelstürmer gespielt hatte: Die Delegation der 05ER, die ihn zu Verhandlungen aufsuchen wollte, habe ihn auf dem Weg zu seiner Wohnung vor dem Zigarettenladen angetroffen und kurzerhand mitgenommen, so will es die Legende, und seine Frau habe sich stundenlang gewundert, warum der Gatte nicht zurück kam. Ob's stimmt oder nicht - in seinem ersten Jahr auf der linken Rheinseite, der Saison 1963/64, war Planitzer die meiste Zeit nur die Nummer 2 hinter dem 19-jährigen 05-Nachwuchstorwart Dieter Rauch. Erst im März setzte sich der erfahrenere Mann durch.

Die Pokalmannschaft von 1965, hinten v.l. Uli Meyer, Charly Tripp, Manfred Zimmer, Kurt Sauer, Vincenz Fuchs. Mitte v.l. Trainer Heinz Baas, Günther Dutiné, Carlo Storck, Norbert Liebeck. Vorne v.l. Helmut Müllges, Kurt Planitzer, Heinz Wassermann.

Und Kurt Planitzer war fortan unumstritten. "Sein Wort hatte Gewicht in der Mannschaft", erinnert sich heute sein damaliger Mitspieler Manfred Zimmer. Wie heute Robin Zentner habe Planitzer keine Kapitänsbinde gebraucht, "seine gute Ausstrahlung hat sich auf alle Mannschaftsteile ausgewirkt. Kurt hat lautstark dirigiert, aber er hat uns nie angeschrien. Es war immer etwas Menschliches dabei, immer aufbauend." Die Ausstrahlung hatte der Torwart; mit gut 1,85 Metern Körpergröße zählte er zu den wuchtigen, athletischen Torhütern jener Zeit.

Von Ende März 1964 bis Ende Oktober 1969 verpasste Planitzer kein einziges Spiel des FSV, musste lediglich dreimal wegen leichter Verletzungen ausgewechselt werden. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere spielte Planitzer 1965 im DFB-Pokal gegen Werder Bremen, den TSV München 1860 und den 1. FC Nürnberg. "In München haben die Sechziger unwahrscheinlich stark gespielt", erzählt Zimmer, "sie haben den Schnee von der Torlatte geschossen" - was nicht gegen die Holzbalken ging, hielt Kurt. Lediglich der große Torjäger Brunnenmeier bezwang ihn im winterlichen München, beim 2:1-Sieg konnten sich das die 05ER leisten. Und wenn das Können einmal nicht reichte, half der Zufall: In Neuendorf schoss der kräftige Mittelstürmer Erich Ferdinand, der fast so oft traf wie er spielte, den Anstoß direkt aufs Tor, "und Kurt war noch am Sechzehner. Der Ball ging auf die Latte, kam zurück und Kurt hat ihn gefangen!"

Torwarttraining in den 60er Jahren: Heinz Baas mit Kurt Planitzer.

Planitzer war ein sicherer Rückhalt für die 05-Mannschaft um Cheftrainer Heinz Baas mit Carlo Storck, Helmut Müllges, dem kürzlich erst verstorbenen Horst Hülß, Heinz Wassermann, Charly und Schorsch Tripp, die 1966, 1967 und 1968 den dritten und zweimal den vierten Platz der Regionalliga Südwest erreichte; als Zweiter hätten die Mainzer an der Bundesliga-Aufstiegsrunde teilgenommen. Sein größtes Kunststück vollbrachte Planitzer am 8. Mai 1965: In der 18. Minute des Auswärtsspiels beim BSC Oppau schoss der Torwart einen Abschlag zur Mainzer Führung ins gegnerische Tor - das ist bei den Mainzern sonst nur noch Stephan Kuhnert gelungen. Erst im Laufe der Saison 1969/70 verlor Kurt Planitzer den Stammplatz. Im Sommer 1970 trennten sich die 05ER schließlich von allen ihren Torhütern. Mit den jungen Toptalenten Wolfgang Kneib und Wolfgang Orben begann eine neue Ära. Kurt Planitzer kehrte bis vor wenigen Jahren dennoch regelmäßig zurück zu seinem FSV. 

"Ich habe Kurt Planitzer als einen großartigen Torwart, immer fairen Sportsmann und vor allem als stets sehr freundlichen Menschen kennengelernt. Seine Frau und er sind nach der aktiven Zeit im Herzen 05ER geblieben und regelmäßig im Stadion gewesen. An unsere letzte Begegnung kann ich mich gut erinnern: Im Jahr 2015 hatten wir im Rahmen eines Mannschaftstreffens anlässlich des 50-jährigen Jubiläums unseres legendären Pokalsiegs über 1860 München im Jahr 1965 die Möglichkeit, uns auszutauschen und in Erinnerungen zu schwelgen. Unsere Gedanken sind in diesen Stunden der Trauer bei seinen Freunden und seiner Familie", so Baas weiter.