Profis 20.03.2019 - 10:00 Uhr
Ein anderes, kein neues Gesicht
Neun Zähler aus neun Rückrunden-Partien bedeuten die gleiche Ausbeute wie zu Saisonbeginn: Dennoch setzt 05-Trainer Schwarz darauf, dass seine Team nach der Länderspielpause wieder an frühere Saisonphasen anknüpfen kann

Der März meint es in den vergangenen Jahren nicht gut mit den 05ern. Mehr als drei Jahre liegt der letzte Pflichtspiel-Erfolg der Mainzer in diesem Kalendermonat nun zurück. Damals, am 2. März 2016, hatten die Mainzer mit einem 2:1 beim FC Bayern München aufhorchen lassen. Die Torschützen seinerzeit: Jairo Samperio & Jhon Cordoba - lang ist's her. Auf eine Wiederholung in der Allianz Arena warteten die rund 2000 mitgereisten 05-Fans am Wochenende vergebens. Vielmehr musste der FSV beim 0:6 die höchste Niederlage seiner Bundesliga-Historie schlucken. Und befindet sich, wie auch Cheftrainer Sandro Schwarz befand, vor der Länderpspielpause trotz des Zehn-Punkte-Polsters auf die Abstiegszone neben einer Ergebnis- auch in einer kleinen Entwicklungskrise. Nun sollen die Sinne geschärft, soll wieder das andere Gesicht gezeigt werden.
Mit einem in allen Belangen überzeugenden 3:0 über Schalke 04 hatte sich der FSV vor gut drei Wochen aus dem Februar verabschiedet, zu diesem Zeitpunkt starke 30 Zähler aus 23 Partien eingefahren - soviel wie seit 2015/2016 nicht, im Jahr der letztmaligen Qualifikation für die Europa League (damals 36). Seither ist immer wieder Sand im Getriebe, er führte von der Ergebniskrise bei den Spielen in Berlin und gegen Mönchengladbach bis hin zum von vorne bis hinten enttäuschenden Auftritt am vergangenen Sonntag, den auch Trainer Schwarz in aller Deutlichkeit kritisiert hatte. Ihn gilt es aufzuarbeiten in der Länderspielpause. "Wir hatten mit dem frühen Gegegentor natürlich keinen guten Spielverlauf, auch wenn wir dann zwischenzeitlich im Spiel waren. Mit den beiden Gegentoren vor der Pause und dem 4:0 kurz danach war das Spiel ergebnistechnisch gelaufen. Dennoch hätten wir uns eine bessere Leistung und mehr Konsequenz gewünscht", analysierte der 40-Jährige. Sein Team habe es an Zweikampfhärte und -konsequenz vermissen lassen bei den Bayern und zu selten aktiv Einfluss auf das Spielgeschehen genommen. Ein weiteres Manko der vergangenen Wochen hatte zudem dazu geführt, dass ein durchaus möglicher Treffer in Durchgang eins ausgeblieben war. "Wir hatten auch in München wieder die eine oder andere Situationen vor dem Sechzehner. Das sind Momente, die du brauchst und nutzen musst. Da hat uns zuletzt die Effizienz gefehlt."
Grundsätzlich, so Schwarz, gelte es offensiv, im letzten Drittel, wie auch defensiv wieder mehr "Sinnesschärfe" an den Tag zu legen in den kommenden Wochen und wieder ein anderes, in dieser Saison häufig genug gezeigtes, Gesicht zu präsentieren. Vergessen ist schließlich auch dieses längst nicht.
Aufs & Abs
Dazu gehört die die Entwicklung einer jungen Mannschaft, die mit dem jüngsten Altersschnitt der Mainzer Bundesliga-Historie im September einen starken Saisonstart krönte und nach dem 2:1-Heimsieg gegen den FC Augsburg sieben Punkte aus drei Partien auf dem Konto hatte. So gerechtfertigt das Lob im Anschluss, genauso gerechtfertigt war der kritische Umgang mit danach folgenden fünf Partien ohne Torerfolg. Das Team überwand das Tief, legte die vermutete Auswärtsschwäche der vergangenen Jahre dank Siegen in Freiburg und Düsseldorf ab. Zum Ende der Hinrunde folgten begeisternde Auftritte gegen Eintracht Frankfurt und bei der TSG 1899 Hoffenheim, die zwar jeweils nur mit einem Punkt belohnt wurden, aber dennoch Erinnerungs- wie auch höchsten Unterhaltungswert beinhalteten. Dem perfekten Rückrunden-Start mit Siegen in Stuttgart und gegen Nürnberg folgten erneut kleinere, aber eben auch einkalkulierte Rückschläge. Daran, dass der FSV nun nach neun Rückrunden-Partien die gleiche Ausbeute wie zum gleichen Zeitpunkt der Hinrunde vorzuweisen hat, änderten frelich auch diese nichts.
Daraus Zufriedenheit ableiten möchte am Bruchweg niemand, hat ebendiese doch allzu häufig Stillstand zur Folge. Höchste Ansprüche an sich selbst und sein Team stellt allen voran der Cheftrainer, der Entwicklungsschritte erwartet, vollzieht und Leistungsschwankungen seiner Mannschaft verringern möchte. Konstanz ist nur ein Stichwort, Realitätssinn ein anderes. Sich schließlich nach wie vor auf dem besten Weg zu befinden in die elfte Bundesliga-Saison in Serie ist eine Erwähnung wert acht Spieltage vor Saisonende. UNSER TRAUM LEBT, das von Verein und Fans bestimmte Saisonmotto des FSV, es ist keine leere Floskel. Dass Niederlagen und Nackenschläge stets ärgerlich, oft vermeidbar, aber nie auszuschließen sind; wer wüsste dies besser als wir Mainzer? So gilt es nun, die Pause vor der Partie in Bremen zu nutzen. Für klare Analysen, das Schärfen der Sinne, aber gleichzeitig auch für einen Blick auf die nackten Tatsachen, auf ein Tabellenbild, um das den FSV reihenweise Konkurrenten beneiden, um dass wir uns vor nicht allzu langer Zeit selbst beneidet hätten. "Wir werden die Pause nutzen, auf andere Gedanken zu kommen, können uns über kleine Dinge im Training eine Brücke bauen", forderte Sportvorstand Rouven Schröder nach der Partie in München. Bestenfalls die Brücke, die dafür sorgt, dass das Schwarz-Team beim SV Werder Bremen wieder das andere, schönere 05-Gesicht zeigt. Eines, dass die Wahrscheinlichkeit erhöht, mit der März-Misere zu brechen und einen erfolgreichen Weg in den Frühsommer einzuschlagen. In einem Jahr, in dem sich im Mai die beiden bisherigen Bundesliga-Aufstiege zum 10. bzw. 15. Mal jähren.