Profis 01.04.2024 - 14:30 Uhr
"Stolz darauf, was wir uns erarbeitet haben"
Zwar verpassten die 05ER in der Schlussphase in Leipzig einen überraschenden Auswärtscoup, konnten unter dem Strich aber gut mit dem einen Zähler leben
Nach dem Ergebnis-Debakel vor drei Wochen beim FC Bayern München war ein Punktgewinn in Leipzig nicht unbedingt die natürliche Erwartungshaltung des 1. FSV Mainz 05. Doch die Mannschaft von Bo Henriksen erkämpfte sich ein für viele überraschendes 0:0 beim durch den Mainzer Ex-Profi Marco Rose trainierten Spitzenklub und damit den achten Zähler unter der Regie des dänischen Cheftrainers. Ein an diesem 27. Spieltag der Bundesliga sicherlich unerwarteter Teilerfolg im Kampf um den Klassenerhalt.
"Noch viel wichtiger als dieser Punktgewinn ist aber, dass das Gefühl wieder da ist, dass wir auch zu null spielen können, wenn wir so verteidigen und gut stehen. Nach dem Bayern-Spiel war sicher eine gewisse Verunsicherung da. Man hat es heute hier am Anfang gesehen. Wir waren nervös, haben die Bälle schnell verloren, es aber in der zweiten Halbzeit viel besser gemacht. Deshalb ist der Punkt sehr wichtig für das Verständnis, für die Moral. Das gibt die Marschrichtung vor. Dass wir wissen, wenn wir so zusammenstehen, kriegen wir kein Tor, auch auswärts in Leipzig nicht. Das ist für die restlichen Spiele ein unheimlich wichtiger Aspekt“, lautete der erste Kommentar von Martin Schmidt nach dem Abpfiff.
"Es war ein bisschen Glück dabei, aber ich glaube, dass wir sehr solidarisch und kompakt verteidigt haben. So, wie man im Abstiegskampf zusammenstehen muss: Räume eng machen, verteidigen im tiefen Block. Und mit einem solch hervorragenden Torwart hinten drin kann man auch mal so etwas schaffen, hier zu null zu spielen und einen Punkt mitzunehmen. Dass wir jedoch insgesamt im Spiel mit dem Ball mehr machen müssen, das wissen wir alle“, fügte der 05-Sportdirektor hinzu.
Überragender Zentner rettet spektakulär
Dass die Rheinhessen ausgerechnet in Leipzig den 20. Punkt auf ihr Konto buchen durften, verdankten sie in allererster Linie ihrem Torhüter. Die ganze aufopferungsvolle Verteidigungsarbeit, der nie nachlassende kämpferische Wille, ihre ganze Leidenschaft, die sie auf den Platz brachten, hätten den Mainzern am Ende nichts genutzt, wenn nicht Robin Zentner zwischen den Pfosten eine derart herausregende Leistung gezeigt hätte. Der 29-jährige Torhüter und 05-Kapitän an diesem Tag vereitelte nicht weniger als sechs Torchancen des Gegners, die man gemeinhin als hundertprozentige bezeichnet. "Doch es waren nicht nur diese Paraden, die ihn auszeichneten. Es ging auch darum, wie er Chancen verhindert hat, dadurch, dass er die Bälle abgefangen hat oder wie er rausgekommen ist“, sagte der 05-Trainer. "Das ist das, was wir von ihm erwarten, aber natürlich war es heute etwas mehr als das Erwartete.“ Stellvertretend für die ganze Mannschaft bedankte sich Jonny Burkardt bei seinem Schlussmann. „Wir hatten einen unfassbaren Torwart heute, der uns gerettet hat mit unglaublichen Paraden. So ehrlich muss man sein. Wenn das Spiel zehnmal gespielt wird, dann gewinnt Leipzig das neunmal.“
Der Mainzer Trainer war nicht überrascht vom spektakulären Auftritt seines Routiniers im Kasten. "Wir hatten diese Diskussion vor ein paar Wochen in Leverkusen, wo Robin einen Fehler gemacht hat und wir verlieren mit 1:2, anstatt auch dort einen Punkt mitzunehmen. Ich habe da schon gesagt, dass er ein fantastischer Torhüter ist und zurückkommen wird. Das hat er schon gegen Bochum gezeigt. Heute war er einfach hervorragend. Leipzig hatte einen Expectet-Goals-Wert von 2,9 und Robin rettete alleine 2,7 davon. Es ist nicht normal für einen Keeper, das zu tun. Wir sind aber sehr glücklich darüber.“ Natürlich habe er viel zu tun gehabt, doch das sei ja nicht anders zu erwarten gewesen, sagte Zentner selbst dazu. "Ich bin froh, dass wir die Null halten konnten und so verteidigt haben, so fleißig waren. So haben wir uns die Chance erkämpft, das Spiel am Ende sogar zu gewinnen. Das ist die Mentalität, die wir brauchen.“
Mit all diesen Aktionen legte Zentner die Basis dafür, dass die Mainzer sogar noch als Sieger vom Platz hätten gehen können. Die Gelegenheit bot sich in der 88. Minute nach einer Spielverlagerung von der linken auf die rechte Seite und einem Doppelpass im Strafraum der beiden eingewechselten Silvan Widmer und Brajan Gruda: Widmer passte flach vors Tor, Leandro Barreiro hätte seine große kämpferische Leistung im Allgemeinen und seinen Laufweg im Besonderen krönen können, doch seine Abnahme mit der linken Innenseite ging wenige Zentimeter links am Tor vorbei. Im Prinzip ein fertiges Tor für den Mittelfeldspieler, das diese Partie komplett auf den Kopf gestellt hätte. Genauso wie die Szene zwei Minuten später, die einen von insgesamt drei Aufregern unter Beteiligung des Unparteiischen darstellte: Die erste bereits in der achten Minute, als Frank Willenborg einen Handelfmeter gegen Andreas Hanche-Olsen pfiff. Warum es rund dreieinhalb Minuten dauerte, bis der Kölner Keller und dann der Schiedsrichter am Monitor erkannten, das Lois Opendas Schuss an die Hüfte des Innenverteidigers prallte, erschloss sich nicht. In der zweiten Hälfte verweigerte Willenborg den Gastgebern einen Strafstoß nach einem Zweikampf von Sepp van den Berg gegen Xavi auf der Strafraumlinie, der wohl nicht als Fehlentscheidung eingestuft worden wäre. Nicht zu pfeifen, fand der Videoassistent zum Ärger von Marco Rose ("grotesk“). In der 90. Minute lief Willenborg dann jedoch noch einmal zur Seitenlinie, um sich anzuschauen, ob Xaver Schlagers tritt gegen Burkardts Fuß im Strafraum elfmeterwürdig war. Der Schiri verweigerte den Gästen den Foulelfmeter und damit einen möglichen Sieg. Eine Entscheidung, die Burkardt nicht so richtig nachvollziehen konnte.
Burkardt versteht Argumentation nicht
"Er spielt den Ball nicht, trifft nur meinen Fuß. Der Schiedsrichter argumentiert so, dass ich meinen Fuß rausgestellt habe, aber dann ist es trotzdem eine aktive Bewegung vom Leipziger Spieler in meinen Fuß rein. Das war mein Gefühl, deshalb bin ich auch gefallen“, sagte der 05-Stürmer später. Er habe die Argumentation Willenborgs auch nicht richtig verstanden, erklärte Burkardt. "Er hat mir gesagt, du stellst aber deinen Fuß raus. Natürlich stelle ich den Fuß raus, um den Ball abzuschirmen. Es ist schade, dass es keinen Strafstoß gegeben hat, aber ich hätte den Elfmeter ja auch erst noch reinschießen müssen.“ Der Abstiegskampf werde jedoch nicht dadurch entschieden. Henriksen nahm das Ganze locker hin und wollte die Entscheidung nicht weiter kommentieren. "Das ist Fußball. Das ist der Job der Schiedsrichter, so etwas zu bewerten, nicht meiner.“
Was der 05-Coach jedoch einordnen wollte, war die Leistung seiner Mannschaft. "Es war ein schwieriges Spiel für uns, besonders in der ersten Halbzeit. Wir mussten sehr kämpfen, sie waren sehr gut und kamen einige Male hinter unsere letzte Reihe, obwohl wir sehr tief standen. Wir haben in der Pause gesagt, dass wir mutiger auftreten, mehr und besser nach vorne spielen müssen. Das haben wir getan. Die zweite Hälfte war viel besser. Ich bin stolz darauf, was wir uns im zweiten Durchgang erarbeitet haben. Wir haben uns diese fantastische Chance herausgespielt zwei Minuten vor Schluss. Wir hätten die drei Punkte stehlen können, haben extrem hart gearbeitet. Die Mannschaft hat um jeden Ball gekämpft gegen diesen Gegner mit dieser Qualität. Das ist das, was wir brauchen. Und dann kannst du auch mal etwas mitnehmen.“
Der Punktgewinn tut dem Team gut und gibt Unterstützung und Selbstvertrauen für die beiden nun folgenden Heimspiele in der MEWA ARENA: Am Samstag (15.30 Uhr) erwarten die Mainzer den Tabellenletzten SV Darmstadt 98, genau eine Woche später ist die TSG 1899 Hoffenheim zu Gast in Mainz.