Profis 24.09.2025 - 18:30 Uhr
Sieb: "Jetzt kann ich noch etwas ändern"
Die erste Saison bei Mainz 05 lief so gar nicht nach dem Geschmack des Angreifers, der für sich die offenbar richtigen Schlüsse aus den überschaubaren Einsatzzeiten gezogen & sich spätestens in Augsburg eindrucksvoll zurück in den Fokus gespielt hat

So richtig ins Rollen kam Armindo Sieb seit seinem Wechsel zum FSV im Sommer 2024 eigentlich nie. Während er zwischen wenigen Startelf-Nominierungen und Joker-Einsätzen pendelte, spielte seine Fitness immer wieder eine Rolle. Cheftrainer Bo Henriksen traute der Bayern-Leihgabe kaum mehr als 60 Minuten Bundesliga-Fußball zu, wechselte den Offensivmann gar schon mal ein und später wieder aus. Es gab Phasen, in denen er mit sich gehadert habe, gibt der 22-Jährige zu, in denen er sich hinterfragt und klare Antworten gefunden habe. Harte Arbeit, Zusatzschichten waren die Folge. In Augsburg ließ Sieb - erstmals in dieser Saison in der Liga Teil der 05-Startelf - erahnen, warum es persönlich künftig besser laufen könnte. Während seiner 80 Minuten Einsatzzeit gelang ihm nicht nur sein dritter Treffer für den FSV, viel wichtiger waren seine Dienste im Anlaufen der gegnerischen Defensive im Spielaufbau und das "Nerven" der Verteidiger, was ein klarer Auftrag gewesen war. Diesen erfüllte er zur vollsten Zufriedenheit seines Chefs, der die Leistung nach der Partie explizit lobte.
Um seinen Stolz machte der Angreifer am vergangenen Wochenende nach getaner Arbeit kein Geheimnis, genoss die Gratulationen und die Tatsache, dass er seinen Anteil hatte am ersten Saisonsieg. "Ich bin heute sehr glücklich und denke, dass ich mir das Tor verdient habe", hatte der Profi nach dem Schlusspfiff zu Protokoll gegeben. Auf dem Platz zu stehen und der Mannschaft zu helfen, sei das "A und O", betont Sieb und ergänzt, dass er genauso weitermachen wolle wie zuletzt. "Jede Woche bedeutet eine neue Chance, sich im Training für die Startelf zu qualifizieren. Der Trainer entscheidet am Ende, aber ich bin verantwortlich dafür, dass er an mir nicht vorbeikommt."
Erkenntnisreiches Hadern mit sich selbst
Nachdem er in Augsburg Pluspunkte sammeln konnte, ist er heiß darauf, sein persönliches Konto weiter aufzustocken und zu beweisen, dass auf seine Fähigkeiten kontinuierlich Verlass ist. Die Zweifel daran, verbunden mit wenig Spielzeit, hatten ihn zwischenzeitlich durchaus mitgenommen, wie er zugibt. Zwar trete er nach außen stets gut gelaunt auf und sei gerne zum Scherzen aufgelegt - zumal er von Natur aus ein "positiver Mensch sei -, zuhause habe das aber durchaus anders ausgesehen ab und an. "Da war ich sicherlich nicht immer gut drauf, auch wenn es beim Trainings beispielsweise anders ausgesehen hat. Geholfen haben mir vor allem meine Freundin und meine Familie, aber auch die Mannschaft, die mir immer das Gefühl gegeben hat, an mich zu glauben." Sieb nahm diese komplizierte Phase in seiner noch jungen Karriere zum Anlass, grundsätzliche Dinge zu hinterfragen: "Was will ich, wo will ich hin in meiner Karriere? Die Antwort war klar: Ich möchte spielen, möchte am liebsten immer und viel spielen. Ich habe Gas gegeben, an meinen Baustellen gearbeitet, an meinem Körper. Das war sehr entscheidend dafür, dass ich jetzt an diesem Punkt bin. Ich glaube schon, dass ich auch letzte Saison 80 Minuten hätte spielen können, aber für das, was der Trainer von mir sehen wollte, hat es nicht gereicht in dem Moment. Dass sich diese zusätzliche Investition jetzt auszahlt, darauf bin ich stolz. Wichtig war es, einen positiven Ansatz zu finden. Ich bin jung und am Anfang meiner Karriere. Jetzt kann ich noch etwas ändern. Diese Erkenntnis war für mich ein wichtiges Puzzleteil, dass ich ganz klar war im Kopf. Ich will etwas verändern für meine Karriere, denn jetzt habe ich die Zeit dafür."
Die neu geschaffene Ausgangssituation führt nun dazu, dass sich der gebürtiger Hallenser umso mehr angekommen fühlt in Rheinhessen. "Ich fühle mich mega wohl und bin wirklich glücklich hier. Auch als ich nicht viel gespielt habe, hat die Mannschaft mich immer aufgefangen. Das ist wichtig, dieser Zusammenhalt ist keine Floskel und nicht selbstverständlich. Ich bezweifle, dass jemand im Kader behaupten würde, dass es ihm menschlich nicht gut geht bei uns." Hinzu komme die Atmosphäre rund um den Verein und der gemeinsame Erfolg, der Sieb und den FSV in dieser Saison gar zurück auf die internationale Bühne katapultiert hat. Die bedingungslose Unterstützung der Fans sei ihm von Beginn an positiv aufgefallen, betont der Angreifer. "Die Heimspiele sind gefühlt immer ausverkauft, ich glaube, das war nicht immer so. Jetzt zusätzlich noch international spielen zu dürfen, ist mega. Das kann nicht jeder von sich behaupten. Wir sind auf einer großen Mission und haben total Bock, uns in einem weiteren Wettbewerb beweisen zu dürfen. Und ich denke, dass es auch für die Fans total besonders ist, das hat man schon in den Quali-Spielen gesehen und gespürt.
"dieser Zusammenhalt ist keine Floskel"
Vor Nikosia (02. Oktober 18.45 Uhr) wartet aber zunächst das Duell mit Borussia Dortmund am Samstagnachmittag (15.30 Uhr) in der bereits nahezu ausverkauften MEWA ARENA. Ein weiterer Gradmesser für den FSV, der nachlegen möchte, was auch für Sieb gilt, der vorausblickt: "Wir müssen dagegenhalten, eklig sein und unsere Zweikämpfe gewinnen. Gelingt uns das wie in Augsburg, bin ich überzeugt, dass wir eine gute Leistung zeigen werden. Ich möchte natürlich am liebsten wieder treffen, aber vor allem auch der Mannschaft mit meiner Leistung helfen. Nach den beiden knappen Niederlagen wird es Zeit für einen Heimsieg", findet nicht nur Sieb, der mit seinem ersten Tor in der Arena erneut einen wichtigen Beitrag leisten würde.