Profis 15.05.2013 - 18:13 Uhr

Licht am Ende des Tunnels

Niko Bungert über sein Jahr, sein Comeback und die Vorfreude auf alte und neue Ziele

Niko Bungert hat sein Comeback im Saisonfinale nach überstandenem Kreuzbandriss fest im Blick.

Vor der Pause ist nach der Pause – zumindest für Niko Bungert. Bo Svenssons fünfte gelbe Karte im letzten Saisonheimspiel des FSV gegen Borussia Mönchengladbach am vergangenen Samstag könnte für den vor seinem Kreuzbandriss gesetzten Innenverteidiger den ersten Bundesligaeinsatz seit sieben Monaten bedeuten. Wir haben mit Niko über das vergangene Jahr gesprochen, sein persönliches und das seiner Teamkollegen. Darüber wie es ist, sich trotz Rückschlägen immer wieder neu in der Reha zu motivieren, wie ihm Adam Szalai, Elkin Soto und Bo Svensson dabei geholfen haben, warum die Rückrunde der 05er so oft frustrierend war und wie es ist, wenn es einem einfach in den Beinen juckt.  

Niko, der Coach sagte diese Woche, er würde deinen Einsatz am Samstag gegen den VfB Stuttgart davon abhängig machen, wie du dich fühlst. Also müssen wir natürlich fragen – wie fühlst du dich?

Niko Bungert: (lacht) Ich fühle mich gut! In den letzten Wochen habe ich zweimal bei der U 23 gespielt und freue mich riesig, dass es diese Saison noch mal klappt mit einem Einsatz in der Bundesliga. Ich will auf jeden Fall spielen und gehe Stand jetzt auch davon aus, dass es am Samstag klappt. 

Wie hält man sich in einer so langen Verletzungszeit emotional bei der Stange? 

Niko Bungert: Das ist auf der einen Seite natürlich nicht leicht, auf der anderen Seite gibt es aber auch keine andere Alternative als jeden Tag Gas zu geben, um so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen zu können. Spielen zu können, das ist das Licht am Ende des Tunnels, und das lässt einen jeden Tag weiter arbeiten. Ich bin sowieso grundsätzlich der Auffassung, dass man aus allen Situationen das Beste machen und sie so gut wie möglich hinnehmen muss. Bei einer schweren Verletzung muss man einfach weiter an sich glauben. Außerdem haben wir bei uns genug Spieler, die ebenfalls lange Verletzungen überwinden mussten und sogar stärker aus ihnen herausgekommen sind. Adam, Elkin, Bo – sie alle haben es wieder auf den Platz geschafft und sich nach vorne gespielt. Das macht einem auch Mut. 

Arno Michels sagte einst, du hättest „gutes Heilfleisch“. Ist alles reibungslos verheilt oder musstest auch du in deinem Regenerationsprozess auch Rückschläge hinnehmen? 

Niko Bungert: Bei einer solchen Verletzung gehören Rückschläge ein Stück weit dazu. Im Knie wurde alles komplett neu eingestellt, das Bein wurde so manipuliert, dass ein neues Kreuzband eingesetzt wird, was an anderer Stelle rausgenommen worden ist. Alles muss sich erst wieder aneinander anpassen, da ist es ganz normal, dass man hier und da ein kleines Ziepen verspürt. Es gibt Phasen, wo das natürlich auch echt nervt. Einmal dachte ich, ich bin jetzt schon so weit, wieder mit der Mannschaft zu trainieren, da wurde ich doch wieder zwei Wochen aus dem Training rausgenommen. Auch wenn alle Ärzte, Physios und Leidensgenossen einem sagen, dass das normal ist und wichtig, zu pausieren, um langfristig einfach doch schneller fit zu sein, nervt es kolossal. Trotzdem muss man da einfach verantwortungsbewusst handeln, damit man so schnell wie möglich wieder ganz fit ist. Ich bin trotzdem sehr froh, dass ich es endlich hinter mir habe.

Auch wenn du gezwungenermaßen nicht aktiv auf dem Platz dabei sein konntest, bist du ein ganz wichtiger Teil der Mannschaft und hast das sportliche Geschehen aus allernächster Nähe verfolgt. Wie hast du die Spiele der Rückrunde erlebt?  

Niko Bungert: An unserer Rückrunde  hat man wieder mal gesehen, dass es nicht zu unterschätzen ist, wenn man Genickschläge bekommt. Nach Negativerlebnissen ist es eben doch nicht so leicht, erfolgreich Fußball zu spielen, als wäre nichts gewesen – sie schlagen einfach auf die Psyche. Wir hatten am Anfang der Rückrunde eine Phase, in der wir in den Spielen oft die bessere Mannschaft mit den besseren Chancen waren, aber kein Ergebnis dafür bekommen haben. Der Tiefpunkt war dann das Pokalspiel gegen den SC Freiburg. 

War das eine Art Wendepunkt in deinen Augen? 

Niko Bungert: Ja, denn danach ging es gefühlt bergab. Ich vergleiche das mal mit der Saison vor zwei Jahren. Da haben wir zum Anfang der Saison ein 0:3 in Wolfsburg in ein 4:3 gedreht. Das hat uns über die ganze Hinrunde und auch durch die ganze Spielzeit hindurch wahnsinnig beflügelt. Freiburg war das krasse Gegenteil – da waren wir mit eineinhalb Beinen im Pokalhalbfinale und haben das Match unglücklich aus der Hand gegeben. Das hat uns einfach verfolgt. Dann fehlt einem auch das Glück, das man mit Selbstvertrauen und nach Erfolgserlebnissen eher hat. Und diese besondere Überzeugung, die man eben nur aus Siegen ziehen kann. 

Was ist jetzt im Saisonfinale gegen Stuttgart noch möglich? 

Niko Bungert: Wir wollen auf jeden Fall etwas reißen. Die Saison ist nach diesem Spiel vorbei, aber wir können in der Tabelle wenn es gut läuft noch auf Platz 9 hoch kommen. Ich denke, wenn man dann mit ein wenig Abstand auf das Tableau guckt, sieht die Rückrunde dann auch schon nicht mehr so schlecht aus. Wir sind definitiv beim Ehrgeiz gepackt, dieses letzte Spiel zu gewinnen. Für einen versöhnlichen Abschluss, um ein Ausrufezeichen zu setzen. Ich will die Punkte genauso sehr wie alle anderen in der Mannschaft. Und ich hoffe, dass ich gut was dazu beitragen kann. 

Die Fans haben beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach imaginäre Tore gefeiert und mit ihrer typischen Meenzer Art beim 2:4 einen gewissen Galgenhumor bewiesen – wie kam das bei euch an?

Niko Bungert: Ich fand es positiv – nach einem auf gut Deutsch gesagt derartigem Scheißspiel sind die Fans normalerweise mucksmäuschenstill oder pfeifen einen aus. Unsere Fans haben Stimmung gemacht und ich fand es gut, dass sie sich dafür entschieden haben. Es gab den einen oder anderen in der Mannschaft, der das im ersten Moment nicht verstanden hat – klar, man ist noch auf dem Platz im Geschehen und dann fühlt man sich vielleicht im ersten Moment etwas veräppelt, wenn man den Gesamtkontext nicht sieht. Aber ich denke, das ist innerhalb der Mannschaft schnell aufgeklärt worden.  

Bislang haben knapp 1.500 Mainzer Fans Karten für das Spiel erworben – hast du einen Wunsch an die Ränge? Noch einmal tolle Stimmung zum Abschluss der Saison? 

Niko Bungert: Aber klar doch. Wir wollen auf den Platz drei Punkte holen. Und wenn dann die Stuttgarter leise sind und unsere Kurve ganz laut – das wäre klasse für den Showdown in dieser Saison.  

Das wird der VfB natürlich gern verhindern wollen. Euch erwartet mit Stuttgart ein echt unangenehmer Gegner. Wie glaubst du wird das Spiel? 

Niko Bungert: Ich denke umkämpfter, als es der Tabellenstand vermuten lässt. Ich denke, dass die Spieler des VfB das noch einmal als Generalprobe für das Pokalfinale nutzen wollen. Jeder wird sich aufdrängen wollen für dieses Spiel in ein paar Wochen. Uns wird nichts geschenkt werden, es ist ja klar, dass der VfB sein letztes Heimspiel der Saison gewinnen will. Aber auch wir wollen die drei Punkte. Es wird sicher ein heißer Kampf.

Ab Montag habt ihr dann fünf Wochen Urlaub – was planst du in der freien Zeit? 

Niko Bungert: Bei mir wird es eine Mischung aus Heimaturlaub im Ruhrgebiet, wo wir unsere Familien besuchen und ein wenig Heimatluft schnuppern werden, und Strandurlaub geben. 

Und, freust du dich jetzt schon auf die neue Saison oder bist du erst einmal froh über die Pause? 

Niko Bungert: (lacht) Klar freue ich mich im Moment erst einmal auf das anstehende letzte Spiel in Stuttgart und dann auch auf den Urlaub. Aber ich sage euch, nach der dritten, spätestens vierten Woche juckt es einen in den Beinen. Dann freut man sich immens drauf, endlich wieder auf dem Fußballplatz zu stehen und eine neue Saison mit neuen Zielen vor sich zu haben.