Nachwuchs 08.10.2025 - 14:05 Uhr
Kaniuth über Kultur und Struktur: "Wir brauchen beides“
Patrick Kaniuth ist seit mehr als zwei Monaten zurück am Bruchweg als neuer Junioren-Cheftrainer. Der 40-Jährige spricht über seine Rückkehr, den roten Faden in der Ausbildung und seinen Führungsstil.

Für Patrick Kaniuth fühlt es sich ein bisschen an, als sei er nie weg gewesen. Seit dieser Saison ist der 40-Jährige wieder im Nachwuchsleistungszentrum von Mainz 05 beschäftigt. Dort, wo er von 2016 bis 2020 bereits für die U15 und U16 als Cheftrainer zuständig war, bevor er von November 2020 bis zum Sommer 2023 als Co-Trainer der Profis unter Jan-Moritz Lichte und Bo Svensson in der Bundesliga auf der Bank saß. Nach zwei Jahren im Nachwuchs des FC Bayern München übernimmt Kaniuth in Mainz die Funktion des Junioren-Cheftrainers. "Ich hatte vom ersten Tag an ein sehr gutes Gefühl hier und war direkt wieder verbunden mit der Sache“, sagt er.
Die "Sache“, das ist für Kaniuth in seiner neuen Aufgabe vor allem der zwischenmenschliche Bereich, die Kultur, die am Bruchweg zwischen Trainern, Spielern und Mitarbeitern gepflegt wird. “Wie begegnen wir uns hier jeden Tag. Das ist der entscheidende Faktor.“ In seiner Zeit beim FC Bayern hat er ein NLZ mit deutlich größerem Budget und einer Infrastruktur wie dem FC Bayern Campus kennengelernt. Doch für ihn bleibt eine einfache Wahrheit: "Am Ende wird Fußball immer auf einem Platz gespielt. Mit der gleichen Zahl an Spielern, Bällen und Regeln.“ Entscheidend sei nicht die Ausstattung, sondern das Gefühl, Teil von etwas Gemeinsamen zu sein. "Ich glaube, jeder Mitarbeiter will wirksam sein. Und wenn man irgendwann den Verein verlässt, soll man etwas hinterlassen haben.“
"Wie begegnen wir uns hier jeden Tag. Das ist der entscheidende Faktor."
In den ersten Wochen zurück am Bruchweg hat er viel beobachtet, zugehört, Spiele und Trainingseinheiten geschaut. Sein Fazit: Es gibt viel Qualität, aber auch die Aufgabe, den roten Faden in der Ausbildung klarer sichtbar zu machen. "Ich will nicht sagen, dass er verloren gegangen ist, aber er ist nicht mehr so prägnant“, so Kaniuth. Neben der Kultur nennt er deshalb auch die Struktur als eine seiner Hauptaufgaben. Denn das eine bedinge das andere. "Wir brauchen beides. Wenn wir eine gute Kultur haben, können wir eine klare Struktur aufbauen. Wenn die Kultur schwach ist, wird die beste Struktur nichts nützen.“
Als Junioren-Cheftrainer ist Kaniuth in einer besonderen Rolle. Er hat die sportliche Leitung der Teams ab der U19 bis zu den jüngsten Jahrgängen inne. Der Inhaber der A-Lizenz trainiert kein Team mehr direkt, sondern ist sozusagen der "Trainer der Trainer“. Das verlangt Führung – und die definiert er klar: "Nahbar sein, kommunizieren, inspirieren.“ Mainz 05 habe immer auf Fleiß, Hingabe und besondere Ideen gesetzt. "Wir müssen innovativ sein. Meine Aufgabe ist es, den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind und Raum haben, ihre Meinung einzubringen.“ Statt Druck von oben setzt er auf Austausch und Empathie. Gleichzeitig fordert er: "Sie sollen Bessermacher sein. Wir wollen Trainer, die neugierig sind, belastbar, kommunikativ und jederzeit in der Lage sind, vom Spieler aus zu denken.“ Nur mit einer guten Art von Führung sei man in der Lage auszubilden, zu entwickeln und erfolgreich zu sein.
"Unser Faustpfand ist das Vertrauen in die eigenen Spieler. Das müssen wir uns bewahren.“
Ein großes Thema für Kaniuth auch ist die Selbstreflexion. Ein Training zu planen und durchzuführen sei Standard – es danach gründlich zu analysieren oft noch ausbaufähig – bei Spielern und Trainern. "Wir wollen jede Mannschaft in die Lage versetzen, ihr Training auch auf Video anzuschauen.“ Für den neuen Mainzer Junioren-Cheftrainer ist klar: Nur wer sich selbst hinterfragt, kann besser werden.
Besser werden und persönlich wachsen sollen vor allem die Nachwuchsspieler, um im besten Falle für Mainz 05 in der Bundesliga aufzulaufen. Was Mainz 05 für Kaniuth besonders macht, ist die Durchlässigkeit. Talente wie Jonny Burkardt, Paul Nebel, Brajan Gruda, Nelson Weiper, Lasse Rieß, Daniel Gleiber, Ben Bobzien oder zuletzt Kacper Potulski zeigen, dass die Tür zu den Profis offensteht. "Unser Faustpfand ist das Vertrauen in die eigenen Spieler. Das müssen wir uns bewahren.“
"Genau das macht Mainz 05 aus"
Am Ende, sagt Kaniuth, gehe es neben aller Professionalität auch um ein Gefühl: "Man geht ins Stadion, sieht die Spieler, die man ausgebildet hat – und ist stolz. Das teilt man mit den Menschen hier im NLZ. Und genau das macht Mainz 05 aus.“