Fanabteilung 26.11.2025 - 12:10 Uhr
Debatte um Sicherheit in Fußballstadien
Ein Statement der Fanabteilung von Mainz 05 zur aktuellen Diskussion

Kaum ein Thema ist in den letzten Tagen und Wochen so präsent in den Stadien, wie die Debatte um die Sicherheit und die Forderungen der Innenministerkonferenz (IMK) an die Verbände. Begleitet wird die Debatte, die durch viele Spruchbänder und andere Aktionen in den Fankurven nochmal sehr deutlich wurde, natürlich auch von vielen Diskussionen in Fanforen, den sozialen Medien, im Bekanntenkreis und der Presse.
Wir stellen dabei fest, dass viele Meinungen emotional getrieben sind und der nötige Weitblick fehlt. Deshalb möchten wir den Versuch wagen, die vielen Punkte sachlich einzuordnen und ihre Folgen für alle Stadionbesuchenden aufzuzeigen.
Einleitend gilt es festzustellen, dass kaum eine Großveranstaltung so sicher ist, wie Spiele der Fußball-Bundesliga. 0,04 Promille Verletzte sind eine gute Quote, auch wenn jede verletzte Person eine zu viel ist. Lässt man beim Blick auf diese Zahlen, die eh schon ein sehr positives Bild zeichnen, alkoholbedingte Ausfallerscheinungen beiseite, schaut nicht auf alltägliche Verletzungen ohne Fremdeinwirkung wie beispielsweise Stürze beim Gehen und rechnet man die Verletzten durch den Einsatz von Zwangsmaßnahmen der Polizei heraus, wird es wirklich sehr schwierig, an der Mär von den unsicheren Zuständen festzuhalten. Die Wahrscheinlichkeit an einem Wochenende in der Mainzer Altstadt Opfer eines Konfliktes zu werden, ist um einiges höher als an 34 Spieltagen der Bundesliga. Über Fastnacht und andere Feste darf man dann nicht mal nachdenken.
Und ja, es gibt dennoch immer mal wieder Probleme. 34.000 Menschen auf einem Haufen, ein emotionaler Sport und sonstige Einflüsse erfordern natürlich den Einsatz von Ordnern und auch gelegentlich Polizeikräften. Aus unseren regelmäßigen Runden mit Vertretern der Polizeien wissen wir aber, dass in Mainz in der Regel das Mindestmaß an Kräften mehr als ausreichend ist. Mit dem Verbot des Tragens von Gästefankleidung im Heimbereich hat Mainz 05 einen weiteren, wichtigen Baustein zur Konfliktvermeidung hinzugefügt.
Vermeintliche totale Sicherheit
Und dennoch wird derzeit gefordert, durch weitere Maßnahmen eine vermeintliche totale Sicherheit zu erzielen. Personalisierte Tickets sind dabei ganz vorne auf der Liste. Schon heute ist fast jedes Heimspielticket in irgendeiner Form personalisiert. Sei es die Dauerkarte oder der Tagesticketkauf im Onlineshop – Mainz 05 weiß, wer welches Ticket erworben hat. Eine Personalisierung macht aber aus Sicherheitsaspekten nur Sinn, wenn man auch sicher weiß, dass sich eine Person nur an einem definierten Platz aufhalten kann. Das setzt ein reines Sitzplatzangebot voraus und einen konsequenten Abgleich der Personalien beim Einlass und auf dem jeweiligen Platz. Und dann muss noch sichergestellt werden, dass jeder auch wirklich auf seinem Platz verbleibt.
Für alle heißt das: Keine spontane Weitergabe der Tickets zum Beispiel bei Krankheit und keine günstigen Preise für Stehplätze mehr. Der deutlich höhere Zeit- und Personalaufwand wird dann zwangsläufig die Sitzplatzpreise steigen lassen. Fußball wird für viele schlichtweg nicht mehr bezahlbar. Der Wegfall der Stehplätze wird dazu sicherlich die Stimmung massiv beeinträchtigen.
Das Thema Stadionverbote
Eine weitere Forderung ist eine KI-gestützte Gesichtserkennung. Damit kann man unliebsame Personen bereits am Einlass ausfindig machen. Doch bei Vermummung im Stadion kommt auch eine KI an ihre Grenzen und das Ermitteln von Einzeltätern wird schwierig. Menschen, die mit einem Stadionverbot belegt wurden, gehen übrigens heute schon nicht ins Stadion, weil die vorhandenen Mechanismen funktionieren. Es wäre somit eine vollautomatische Überwachung aller, ohne wirklichen Nutzen. Zumal schon heute in den Stadion modernste Videotechnik zum Einsatz kommt und so vieles aufgeklärt werden kann.
Für die besagten Stadionverbote (SV) solle es eine übergeordnete Vergabestelle geben, so die Ideen der IMK. Doch wie läuft das mit den Verboten eigentlich? Die Polizei regt aufgrund eines anstehenden Strafverfahrens bei den Vereinen die Vergabe eines SV an, da es sich um ein Hausverbot handelt, welches nur der Verein oder Verband aussprechen kann. Eine lokale Kommission aus Vereinsvertretern und Sozialarbeitern bietet den Betroffenen eine Chance zur Stellungnahme. Eine sehr persönliche Situation mit Menschen, die im Idealfall die beschuldigte Person einschätzen können und anhand dieser Prognose die Konsequenzen des Vereins festlegen. Oftmals ist es für die Betroffenen aber schwierig sich hier schon zu äußern, da parallel ein Strafverfahren läuft. Wird ein SV ausgesprochen, erhält die Person keinen Zugang mehr zu den Spielen der ersten 3 Ligen. Dies wird auch durch Szenekundige Beamte der Polizei überwacht. Bei Verstößen droht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Doch viele Menschen mit SV sind eben nur aus den Stadien verbannt, bleiben aber aufgrund der sozialen Bindung im Umfeld erhalten. So hatten die Angreifer auf den Polizisten am Mainzer Hauptbahnhof nach derzeitigen Informationen bereits Stadionverbot und waren deshalb nicht mit den anderen Fans auf dem Weg nach Frankfurt. Probleme werden also höchstens verlagert, aber selten gelöst.
Probleme auf Reisewegen und Städten
Wie eingangs erwähnt sind die Stadien sehr sicher. Ja, natürlich entzündet sich ein Großteil der Debatte buchstäblich am Einsatz von Pyrotechnik. Aber Spiele wie Zuhause gegen Trondheim haben gezeigt, dass es - richtig genutzt - doch eine große Faszination ausübt. So wird darüber weiter geredet werden müssen. Fakt bleibt dabei, dass es auch trotz des unrechtmäßigen Einsatzes keine signifikanten Verletzungen gibt.
In der ganzen Diskussion um die Stadionsicherheit kommt leider zu kurz, dass ein Großteil der vorhandenen Probleme jedoch auf den Reisewegen oder in den Städten stattfindet. Somit außerhalb des Zugriffsbereichs der Vereine. Hier helfen alle vorgeschlagenen Maßnahmen nicht.
Kurswechsel in den Gesprächen
Im Rahmen der Mitgliederversammlung am vergangenen Montag berichtete unser Vereins- und Vorstandsvorsitzender Stefan Hofmann von einem Kurswechsel in den Gesprächen mit Politik und Verbänden und wir hoffen sehr, dass dies auch tatsächlich so passiert.
Die genannten Punkte seien quasi vom Tisch und man würde verstärkt auf Prävention setzen. Aus unserer Sicht ist dies der einzig richtige Ansatz. Kommunikation mit und Einbindung von Fans schaffen ein gemeinsames Verständnis von Werten. Eine gesicherte Finanzierung sozialpädagogischer Arbeit hilft dabei, junge Fans frühzeitig auf den richtigen Weg zu bringen. Eine hundertprozentige Sicherheit in und um Stadien wird es niemals geben. Aber durch eine gute Gemeinschaft lassen sich viele Probleme verhindern. Im Stadion und auch darüber hinaus. Dazu sollten Fanvertretungen in die Ausarbeitungen möglicher Lösungsansätze eingebunden und so mehr Akzeptanz geschaffen werden.
Law and Order - Maßnahmen aus der Gießkanne fördern meist nur eine Radikalisierung und schaden letztlich allen, die regelmäßig die Stadien besuchen. Straftaten müssen weiter konsequent nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfolgt und geahndet werden, wie es jetzt schon geschieht. Im ganzen Diskurs ist Populismus fehl am Platz und Sachlichkeit wichtig. Wir hoffen, dass wir hiermit einen kleinen Beitrag leisten konnten.
