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01.10.2025 - 17:30 Uhr

Greilich: "Fast schon südamerikanische Verhältnisse"

Der gebürtige Mainzer Ex-05ER ließ seine Karriere anfangs des Jahrhunderts in Nikosia ausklingen. Im Gespräch blickt er zurück auf seine Anfänge als 05ER & eine kurze, aber einprägsame Zeit in Zypern.

Holger Greilich im Duell mit Rocco Milde von Hannover 96 (Bildquelle: imago / Rust)

Sommer 1991: Das gerade frisch von der SpVgg Ingelheim zum FSV gewechselte 20-jährige Defensivtalent Holger Greilich debütiert für den FSV. 4.500 Zuschauer verfolgen das torlose Remis gegen den FC Homburg unter dem damaligen Trainer Robert Jung in der Südstaffel der seinerzeit zweigleisigen zweiten Liga. Mehr als 30 Jahre später erinnert sich Greilich an vieles von damals, an vier Saisons im 05-Trikot in einem Team mit Legenden wie Kuhnert, Klopp, Herzberger, Buvac und vielen mehr. "Das war eine tolle Truppe mit super Typen, teilweise zu der Zeit schon legendär. Sportlich war der Start in Mainz etwas merkwürdig durch die zweigeteilten Ligen. In meiner zweiten Saison (Anm. d. Red.: 1992/93) hatten wir dann nach der Zusammenlegung 46 Ligaspiele über elf Monate, das war schon verrückt", erinnert sich der 54-Jährige, der heute vor den Toren Münchens lebt. In Bayern nämlich wurde Greilich nach seinem Wechsel zu 1860 München 1995 heimisch und in seinen 114 Bundesliga-Spielen zur Identifikationsfigur für Löwen-Fans. Die Wahlheimat sollte er nur noch einmal kurz verlassen Anfang der 2000er Jahre, als es ihn auf die Insel zog zu Omonia Nikosia, dem ersten Gegner der 05ER in der Ligaphase der UEFA Conference League am Donnerstagabend (18.45 Uhr, live auf RTL+).

Ein Duell, das auch für Greilich Pflichtprogramm vor dem Bildschirm ist, längst ist der Termin geblockt. Schließlich sei er gespannt, wie die Mainzer sich schlagen auf europäischer Ebene. Vorbereiten sollten sie sich aus seiner Sicht nicht zuletzt auf eine elektrisierende Stimmung im GSP Stadion. Einen Großteil der Saison 2002/03 hatte er sich von den Verhältnissen vor Ort ein genaues Bild machen können, nachdem seine Zeit bei 1860 zu Ende gegangen war. Seine sportliche Einschätzung? "Wichtig wird sein, von Anfang an hundert Prozent da zu sein und dagegenzuhalten, im Stadion gar nicht erst irgendeine Form von Euphorie aufkommen zu lassen. Dann kann es nämlich ungemütlich werden. Die zyprischen Fans, so erinnere ich mich, die brennen da schon was ab. Die sind fußballverrückt, das hat Qualität, fast schon südamerikanische Verhältnisse", erzählt Greilich. Demgegenüber stehen werden rund 1.500 Mainzer, die sich laut dem Ex-05ER auf eine wunderschöne Reise freuen dürfen mit fast schon tropischen Bedingungen. Beim Gedanken an die Menschen vor Ort oder auch die Strände kommt Greilich ins Schwärmen: "Bis in den November hinein konnte man wunderbar im Meer baden gehen, das war unglaublich. Abends haben wir trainiert, den Nachmittag zuvor habe ich regelmäßig am Strand verbracht. Die Leute waren auch alle unheimlich nett und zuvorkommend. Damals hat jemand zu mir gesagt: 'Hier lassen alle ihre Türen auf, auch nachts, weil von der Insel sowieso niemand fliehen möchte", so der 1971 in Mainz geboren Ex-Profi lachend. Er hoffe, dass möglichst viele 05-Fans nicht nur für ein oder zwei Tage vor Ort sein, sondern die Insel erkunden werden. "Es lohnt sich absolut!" 

Im September 1992 verteidigte Greilich in Hannover Seite an Seite mit Jürgen Klopp, der FSV siegte mit 3:1 (Bildquelle: IMAGO / Rust).

Abschied aus privaten Gründen

Dass seine "total schöne und spannende Zeit", als die er das Abenteuer auf Zypern im Herbst seiner Karriere bezeichnet, früher als geplant endete, hatte private Gründe, wie er berichtet: "Meine Frau war hochschwanger. So gut es uns dort auch gefallen hat, wurde uns irgendwann klar, dass wir das Kind in Deutschland zur Welt bringen möchten. Letztendlich war das für uns die genau richtige Entscheidung damals. Ansonsten hätte ich mir schon noch das eine oder andere Jahr dort vorstellen können, so wie Marco Haber, Stefan Brasas oder allen voran Zypern-Legende Rainer Rauffmann, der mich zu Omonia gelotst hatte, damals." Zurück in Deutschland versuchte sich Greilich danach nochmal in Saarbrücken, das Knie spielte aber nicht mehr so richtig mit beim Innenverteidiger, der eine Partie für die A2 Nationalmannschaft absolviert und sich eine Zeitlang im Dunstkreis der Kandidaten für die DFB-Elf bewegt hatte. 

Heute betreibt er in München eine Kaffeebar, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. In die Heimat schafft er es seit geraumer Zeit immer seltener, war erst einmal in der MEWA ARENA zu Gast, gibt aber zu, dass es Zeit wird. "Uns geht es hier in Bayern wirklich gut, seine Jugend und Wurzeln vergisst man aber nie. Und die Arena ist wirklich wunderschön geworden. Ich muss es mir wirklich mal wieder vornehmen, vorbei zu schauen und hoffentlich ein paar alte Gesichter zu sehen."

Womöglich ja sogar im Rahmen einer der anstehenden internationalen Herausforderungen, bei denen Greilich dem FSV durchaus etwas zutraut: "Wenn ich an meine Zeit am Bruchweg denke und die damaligen Bedingungen ist das schon verrückt zu sehen, was sich entwickelt hat. Ein gestandener Bundesligist zu sein, ist aller Ehren wert. Und ich glaube, dass die Mannschaft, trotz wenig Erfahrung, eine gute Chance hat, international gut mitzuspielen." Ein Unterfangen, wobei ein guter Auftakt am Donnerstag naturgemäß helfen würde und an den der ehemaliger Abwehrspieler fest glaubt. "Wenn die Mainzer gut reinkommen, dann kann ich mir nichts anderes als einen Sieg vorstellen. Übers gesamte Spiel sollte sich die Qualität aus meiner Sicht durchsetzen."