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Verein 06.09.2023 - 17:00 Uhr

Amputierten-Fußballer beenden Premieren-Saison auf Platz zwei

05ER müssen sich einzig Rekordsieger Düsseldorf geschlagen geben / Kapitän Schmidt: "Für den Moment zufrieden“

Kapitän Stefan Schmidt beim Finale der Deutschen Amputierten-Fußball-Bundesliga in Düsseldorf (Foto: Anpfiff ins Leben=

Mit dem Finalspieltag in Düsseldorf endete für die Fußballer des 1. FSV Mainz 05 am vergangenen Wochenende ihre erste Saison in der Deutschen Amputierten-Fußball-Bundesliga. Ein zweiter Platz ist es geworden, für das Team um Kapitän Stefan Schmidt, das im Finale Fortuna Düsseldorf den Vortritt lassen musste. "Für den Moment sind wir mit dem Gesamtresultat zufrieden“, so Schmidt, der einst durch die Folgeschäden einer Fußball-Verletzung seinen rechten Unterschenkel verlor. "Wenn man im Finale steht, will man natürlich gewinnen, aber Düsseldorf war da einfach einen Tick stärker. Das sehen wir als Ansporn für nächste Saison.“

Grundlegendes verändert

An insgesamt drei Wochenenden in St. Leon-Rot, Norderstedt und Wetzlar mit je zwei Spieltagen, die aus zwei Partien pro Team bestehen, war die Hauptrunde ausgespielt worden, ehe es in Düsseldorf zu den Finalspielen kam. "Wir sind ohne Saisonziel reingegangen“, erklärt Schmidt. Hatten sich die 05ER zu Beginn noch ein wenig schwergetan und an den ersten beiden Spieltagen in der vier Mannschaften umfassenden Liga nur einen Punkt geholt, so kam der FSV bereits am zweiten Wochenende so richtig in Fahrt. Zehn Punkte sammelten die Mainzer in Norderstedt, sprangen, vorbei an Anpfiff Hoffenheim und der SG Nord-Ost, vom letzten auf den zweiten Tabellenplatz und mauserten sich mit zwischenzeitlich sieben ungeschlagenen Partien in Serie zum Fortuna-Verfolger Nummer eins.

Mit dem Trainerteam um Jürgen Menger und Jörg Schmidtke sei vieles grundlegend anders geworden. "Die Trainer hatten die eine oder andere Idee, wir sind professionell in die Videoanalyse gegangen und haben das als Hausaufgabe bekommen“, berichtet der Saarländer, nachdem man vor dem Saisonstart nur wenig Zeit gehabt hatte, um an taktischen Feinheiten zu arbeiten. In der Analyse habe man Fehler entdeckt, welche man mit dem einen oder anderen Kniff schnell auszumerzen wusste. Während der Saison trafen sich die 05ER, die den Amputierten-Fußball neben einem normalen Beruf betreiben und aus verschiedenen Regionen zusammenkommen, dann alle zwei Wochen zum gemeinsamen Training. Die Frequenz soll zeitnah verdoppelt werden. 

Etwas niedergeschlagen, aber insgesamt zufrieden: Die 05ER nach dem Finale gegen Fortuna Düsseldorf (Foto: Anpfiff ins Leben).

Finalteilnahme gesichert

Den guten Eindruck aus Norderstedt wussten die 05ER Anfang Juli in Wetzlar zu bestätigen, wo sogar der erste Sieg gegen den Rekordmeister aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gelang. Zwar musst man zum Ende der Hauptrunde Tabellenplatz zwei wieder an die SG Nord-Ost abtreten. Dies änderte aber nichts daran, dass man im Halbfinale zwischen dem Zweit- und Drittplatzierten auf eben jene Spielgemeinschaft aus Akteuren der SF Braunschweig, TeBe Berlin und dem Hamburger SV traf, während Hoffenheim gegen die erstplatzierte Fortuna spielte. 

Ein 3:1-Erfolg sicherte dem FSV zum Start in das letzte Spieltags-Wochenende der Saison im Halbfinale die Endspielteilnahme, wo man es mit F95 zu tun bekam und sich am Ende mit 1:5 geschlagen geben musste. "Von der Kulisse her war es toll und wir wurden vom Trainerteam super eingestellt“, sagt Schmidt. Bis zur Pause war es der 05-Auswahl sogar gelungen, ein torloses Unentschieden zu halten, mit dem Gegentor kurz nach Wiederanpfiff habe man die Marschroute dann aber ändern und mehr Risiko gehen müssen, weshalb es am Ende doch noch deutlich wurde. 

"Schade, wir haben alles gegeben, aber wir greifen in der nächsten Saison wieder neu an und holen dann die Schale nach Mainz“, sagt Trainer Schmidtke mit einem Augenzwinkern. Düsseldorf sei im Endspiel gar nicht zwingend zu stark gewesen, habe allerdings clever agiert und die individuellen Fehler der Mainzer gnadenlos ausgenutzt. "Von daher. Verdient die Meisterschaft verteidigt", so der FSV-Trainer weiter. 

Sieben Monate nach der Amputation seines Unterschenkels stand Schmidt bereits wieder auf dem Fußballplatz. Heute ist er Kapitän der Amputierten-Mannschaft von Mainz 05 (Foto: Anpfiff ins Leben).

In sieben Monaten zurück auf den Platz

Kapitän Schmidt ist seit Dezember 2017 im Amputierten-Fußball aktiv, nachdem nur sieben Monate zuvor sein rechter Unterschenkel in Folge eines nicht verheilenden Fußballunfalls amputiert worden war. Zwar sei er zunächst skeptisch gewesen, habe sich das Fußball-Spielen auf Krücken nicht wirklich vorstellen können, zumal ihm sein starker, rechter Fuß nun fehlte. "Die Jungs haben sich aber sehr um mich bemüht“, sagt der heutige 05-Spielführer, der sich dadurch "fast schon verpflichtet fühlte, da mal vorbeizugucken“, Blut leckte, wie er selbst sagt, und dabeiblieb. 

Weiter Fußball spielen und seiner Leidenschaft nachgehen zu können, sieht Schmidt als Privileg. "Es ist im Prinzip dasselbe Spiel. Es gibt Tore, Trikots und einen Ball. Nur weil mir ein Bein fehlt, heißt es nicht, dass ich nicht mehr spielen kann. Mir würde ein extremer Teil fehlen, wenn ich das nicht machen würde“, führt der 29-Jährige weiter aus. Zuerst habe er nach der Amputation mit Leichtathletik anfangen wollen, dies sei für ihn als "Kernfußballer“ aber schwierig gewesen. "Dieses Kabinenleben, dass du in einer Truppe zusammen bist, das gibt es in kaum einer Sportart so wie im Fußball. Das trotz des Handicaps weiter erleben zu können, ist natürlich überragend und dafür bin ich sehr dankbar.“

Dankbarkeit für die Möglichkeit

Dankbar ist Schmidt auch Mainz 05, für die Unterstützung und den Rückhalt, besonders zu Beginn, als man etwas holprig in die Saison gestartet war. "Dass der Verein so hinter uns steht, ist überragend und verspricht mehr“, hofft der 05-Kapitän, der aus Hoffenheim nach Rheinhessen kam, dass es in Zukunft auch in anderen professionellen Vereinen Amputierten-Teams geben wird. Man habe das Wachstum in den vergangenen Jahren gesehen, mit Mainz 05 ist seit der abgelaufenen Saison erstmals ein Fußball-Bundesligist dabei. Warum sollte dies nicht auch an anderen Standorten möglich sein?