Profis 08.01.2014 - 15:49 Uhr
Comeback, endlich
Niko Bungert sammelt Spielpraxis für seine Rückkehr im zweiten Anlauf
Niko Bungerts Stimme hallte über den Platz des Estadio Municipal de Marbella am Dienstagnachmittag. Der Innenverteidiger lenkte seine Vorderleute, trieb sein Team an und ermutigte bei gegnerischem Ballbesitz immer wieder zum Gegenpressing. Gewohnt und doch ungewohnt. Denn Niko Bungert ist ein Führungsspieler, unaufgeregt, gerade heraus, sachlich, schlau. Einfach präsent auf dem Platz, körperlich sowie verbal. Aber es ist ein paar Monate her, dass der 27-Jährige aus dem Zentrum der Viererkette heraus ein Spiel lenkte. Für Bungert war der Test gegen KV Oostende das erste richtige Spiel seit Monaten. Der nach eigener Aussage ungeduldigste Mensch der Welt musste lange darauf warten, erst wegen eines Kreuzbandrisses, dann wegen eines Knochenmarködems.
Dass es eine lange Pause werden würde, das wusste Niko Bungert noch nicht, als er am Nachmittag des 6. Oktober 2012 in der Mainzer Uniklinik saß. Ein paar Kilometer weiter gewannen seine 05er 1:0 gegen Fortuna Düsseldorf. Ein Match, dass Bungert vorzeitig verlassen musste. Knieverletzung. „Als ich an der Seitenlinie behandelt wurde, dachte ich noch, das legt sich gleich wieder, wenn ich ein paar Mal fest auftrete. Die Szene in der es passiert ist war auch total unspektakulär. Da hatte ich schon viel schlimmere Situationen auf dem Platz, wo nichts passiert ist. Ich hatte keine Schmerzen, konnte das Knie sogar bewegen und bin im Krankenhaus noch ohne Krücken Treppen gelaufen. Ich hab mir einen Kreuzbandriss viel spektakulärer vorgestellt“, gesteht der gebürtige Bochumer.
Doch es war genau diese Diagnose, die Bungert gestellt bekam. Die Implikationen waren bekannt, er wusste sofort, dass er lange pausieren muss. Sechs Monate – eine epische Zeit für jemanden, der in seiner gesamten Karriere maximal ein paar Tage am Stück im Training gefehlt hat wegen eines Magen-Darm-Infekts oder einer Grippe. Es dauerte eine Zeit, bis alles sich setzte. „Kreuzbandriss, das ist völlig niederschmetternd. Aber für mich war es so surreal, dass ich in der Klinik noch gar keine Reaktion zeigen konnte. Erst als ich zu Hause durch die Tür gekommen bin, kamen die Emotionen raus. Ich war fix und fertig“, erinnert sich Bungert.
Doch die Zeit ging schneller rum, als befürchtet. Bungert hangelte sich mithilfe eines straffen Reha-Programms über Meilensteine wieder auf den Rasen. OP, gehen mit Krücken, gehen ohne Krücken, Fahrrad fahren, Wassergymnastik, Laufeinheiten auf dem Platz und schließlich beim Auswärtsspiel der 05er in Dortmund im vergangenen April endlich wieder im Kader. Die Saison endete versöhnlich für Bungert mit 90 Minuten Spieleinsatz im letzten Spiel gegen den VfB Stuttgart. Die Knieschmerzen endeten indes nicht.
Schon während der Vorbereitung merkte Bungert immer wieder ein kleines Ziepen im Knie, welches sich in den zwei folgenden Spieleinsätzen und Trainings nicht verabschieden wollte. „Ich war vorher nie so der Typ, der bei jedem Zipperlein in sich reingehorcht hat“, sagt er. Doch eine schwere Verletzung macht vorsichtiger. Die MRT-Untersuchung ergab ein Knochenmarködem. Die Ärzte rieten zur Vorsicht und zur Pause. Erst wenn es richtig abheilt, dann sind die Schmerzen auch final Geschichte. Auch wenn das Warten schwer fiel, im Nachhinein ist Bungert froh, dass er sich geschont hat nach der Diagnose. „Für das Gesamtbild der Knieverletzung war es wahrscheinlich besser, dass ich pausiert habe. Ich verspüre im Moment nicht das kleinste Zwicken. Alles ist top in Ordnung im Knie“, so Bungert, „konditionell bin ich auch auf einem sehr guten Weg. Das einzige was mir fehlt, ist die Handlungsschnelligkeit und das Spielgefühl in den Spielsituationen. Aber das kommt mit genug Spielpraxis sicher wieder.“
Sein Einsatz gegen Oostende war der erste Schritt in diese Richtung. Und sein Trainerteam zeigte sich schon nach den ersten 45 Minuten in Aktion sehr zufrieden mit Niko Bungert. „Niko war sehr auffällig in diesem Spiel, vor allem wie er gecoacht hat. Wunderbar, dass er wieder auf dem Feld steht und gleich wieder Verantwortung übernimmt sowie die Spieler führt. Wirklich eine gute Sache.“