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Verein 27.02.2024 - 08:00 Uhr

Als Manchester City erstmals am Bruchweg gastierte

Rückblick auf das Jubiläumsspiel anlässlich des 50-jährigen Vereinsgeburtstags des FSV

Angeführt von Karl-Heinz Wettig (li. vorn gefolgt von Franz Schöneck) betritt der FSV den Rasen. Rechts im dunklen Torwart-Trikot: Bert Trautmann.

Die nächste internationale Nacht wartet: Mit viel Spannung und Vorfreude blickt ganz Mainz auf das fußballerische Großereignis am frühen Dienstagabend im ausverkauften Bruchwegstadion auf dem WOLFGANG FRANK CAMPUS. Der Deutsche Meister der U19-Fußballer erwartet dann bekanntlich um 18 Uhr im Achtelfinale der UEFA Youth-League das Team von Manchester City. Der Nachwuchs des FSV hat sich durch begeisternde Auftritte in diesem Wettbewerb für diese Begegnung qualifiziert. Die Mainzer setzten sich zuvor gegen NK Maribor und Dynamo Minsk durch. Zuletzt schalteten die jungen 05ER in einer dramatischen Partie den favorisierten Nachwuchs des FC Barcelona aus und zogen nach Elfmeterschießen in die Runde der letzten 16 ein. 

Es ist im Übrigen keine Premiere, dass sich eine Mannschaft der Blues aus Manchester in der Landeshauptstadt präsentiert. Denn vor fast 70 Jahren gastierten die Profis der Citizens schon einmal am Bruchweg. Am 19. Mai 1955 besiegten die Oberliga-Fußballer des FSV im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50. Geburtstag des Vereins vor 10.000 begeisternden Zuschauern den damaligen Siebten der englischen Ersten Liga mit dessen deutscher Torwart-Legende Bert Trautmann überraschend mit 2:1. 

Erinnerung an Nürnberg

"Wer von den annähernd 10.000 Besuchern dieses Jubiläumstreffens Wunderdinge von der englischen Profi-Mannschaft erwartet haben mag, wird sicher enttäuscht worden sein. Wer aber das richtige Fazit zieht, dass erstens einmal die auf dem Kontinent gastierenden englischen Mannschaften sich nur ganz selten mit voller Kraft einsetzen und dass zum anderen die Zeiten nun mal vorbei sind, in denen englische Profis nach Gefallen über ihre deutschen Gegner siegten, dem dürfte dieses Spiel schon Spaß gemacht haben. Die Engländer waren beileibe nicht schwach. Ballarbeit, Zuspiel, Schnelligkeit waren absolut in Ordnung, aber die stahlharten Schüsse fehlten. Dazu kam, dass die Manchestrians auf eine Mainzer Elf trafen, die so gut aufgelegt war, wie lange nicht mehr. Und dass in der ersten (entscheidenden) Halbzeit Franz Schöneck im Mainzer Tor sozusagen mit allen guten Geistern im Bunde war. Jedenfalls war diese erste Halbzeit keinen Deut schwächer als das fast klassisch gewordene und siegreiche Treffen gegen den 1. FC Nürnberg im Jahre 1952", schrieb seinerzeit der Chronist der "Allgemeinen Zeitung über dieses Duell der ungleichen Gegner. Das angesprochene Treffen mit den Nürnbergern drei Jahre zuvor war das erste Nachkriegs-Highlight der 05ER gewesen. Ein Freundschaftsspiel gegen die deutsche Spitzenmannschaft aus Franken am 21. Juni 1952, dass die Mainzer um Jupp Amadori und den ehemaligen Nürnberger Meisterspieler Schorch Hagen vor ebenfalls 10.000 Fans am Bruchweg 2:1 gewonnen hatten.

Zwei-Tore-Führung zur Pause

Gegen Manchester City war es Walter Sonnenberger, neben Karl-Heinz Wettig und Hans Nebelung einer der Köpfe des Teams, der die Mainzer mit der ersten Chance des Spiels in Führung brachte. Sonnenberger hob einen Freistoß von der Strafraumgrenze so platziert über die Abwehrmauer hinweg ins linke obere Eck, dass Trautmann keine Chance hatte, den Ball zu erreichen. Die älteren Fußball-Anhänger kennen die Geschichte des Torhüters, der als deutscher Kriegsgefangener von ManCity unter Vertrag genommen worden war.  Zur Legende wurde der gebürtige Bremer im Finale des FA-Cups 1956 im Londoner Wembleystadion, als sich der City-Torhüter beim 3:1-Sieg gegen Birmingham bei einer Abwehrreaktion in der 75. Minute schwer verletzte und trotzdem weiterspielte. Später stellte sich heraus, dass sich der Torwart bei der Aktion einen Genickbruch zugezogen hatte. Trautmann, der 2013 starb, bestritt 545 Spiele für Manchester City.

Am Bruchweg musste Sonnenberger in diesem Freundschaftsspiel am 19. Mai 1955 nach 37 Minuten wegen einer Knöchelverletzung vom Platz gehen. Der dafür eingewechselte Hans Fellinger erhöhte vier Minuten später auf 2:0 für die Mainzer. Nach einem Flankenlauf wurde Wettig in der 41. Minute erst im Strafraum geblockt. Fellingers Flachschuss aus dem Gefühl heraus erwischte Trautmann dann aber erst hinter der Torlinie. Nach der Pause drängten die Gäste mit Vehemenz auf das nun von Otto Schedler gehütete Mainzer Tor, doch auch die Gastgeber verzeichneten noch etliche gute Möglichkeiten, den Vorsprung auszubauen. Erst in der 79. Minute gelang den Engländern, die mit einigen Nationalspielern angereist waren, der Anschlusstreffer. Die Mainzer brachten den Vorsprung mit Glück und Geschick über die Runden und feierten als Oberligist einen überraschenden Sieg über die Profis.

"Die Mainzer Elf verdient sich für ihre großartige Leistung volle Anerkennung. Gegen ihren großen Gegner war sie da. Sie war in vortrefflicher Kondition und ihr Einsatz war beispielgebend. Sie hatte lediglich Außenseiterchancen, aber sie hat diese Chance gewahrt. Es wäre verfehlt, den einen oder anderen Spieler hervorzuheben. Der Sieg war der Lohn für die gekonnte Mannschaftsleistung, die kluge taktische Einstellung und den kämpferischen Einsatz", zog die Allgemeine Zeitung am nächsten Tag ihr Fazit. 

Die Mainzer Aufstellung 1955: Schöneck (Schedler) – Kolb, Nebelung, Bargon, Meinhardt - Höfer - Sonnenberger (Fellinger), Mattes – Christ, Sommer, Wettig.