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Profis 02.11.2022 - 18:15 Uhr

Schmidt: "Die Wolke haben wir hoffentlich verscheucht"

Der Mainzer Sportdirektor blickt im Interview auf die Partie in München zurück, ordnet die Gesamtsituation nach dem ersten Saisondrittel ein und gibt einen Ausblick auf das kommende Spiel gegen seinen Ex-Klub sowie die anstehende Winterpause.

Für Martin Schmidt kommt es am Samstag zu einem Wiedersehen mit alten Bekannten.

Am Samstagnachmittag (15:30 Uhr, live auf SKY und 05ER.fm, hier gibt es Tickets) kommt mit dem VfL Wolfsburg aus der Sicht von 05-Sportdirektor Martin Schmidt ein besonderer Gegner nach Rheinhessen, denn der Schweizer war einige Monate als Cheftrainer beim VfL tätig und hat auch heute noch gute Kontakte nach Niedersachsen. Das Duell mit den Wölfen markiert für den FSV zudem den Auftakt in die letzte Bundesliga-Woche des Jahres 2022, bevor es in die lange Winterpause geht. Eine "spannende Herausforderung", wie Schmidt mit Blick auf die WM-Unterbrechung erklärt, die vielen Spielern Zeit zum Durchschnaufen geben wird, den Mainzer Verantwortlichen aber als "längste Transferperiode aller Zeiten" eine arbeitsintensive Zeit beschert. 

Martin, du hast nach der 2:6-Niederlage in München gesagt, dass sie "einen oder zwei Tage wehtun wird". Hast du den Eindruck, dass die Mannschaft das Spiel mittlerweile verarbeitet hat? 

Schmidt: "Natürlich ist man nach so einer Partie niedergeschlagen, weil man sich das anders vorgestellt hat. Das Regenerationstraining am Sonntag war aber direkt der erste Schritt, um wieder zu erstarken. Nach dem freien Montag war Dienstag schon wieder eine unglaublich hohe Intensität im Training und der Wille, etwas wiedergutzumachen, zu sehen. Da habe ich gemerkt, dass das Bayern-Spiel abgeschüttelt ist und der Fokus schon voll auf Wolfsburg liegt." 

Was nehmt ihr als Verantwortliche, mit etwas Abstand, aus dem Spiel mit? 

Schmidt: "Wir müssen gegen Wolfsburg wieder mehr Aggressivität auf den Platz bringen, die hat in München ein bisschen gefehlt. Da waren wir etwas zu passiv und hatten vielleicht zu viel Respekt. Offensiv haben wir es ganz gut gemacht, uns einige Chancen herausgespielt. Defensiv müssen wir wieder daran anknüpfen, was wir in den vorherigen Spielen gezeigt haben." 

Mit Blick auf das große Ganze: Wie würdest du die Gesamtsituation nach zwölf Spieltagen einordnen?  

Schmidt: "18 Punkte aus zwölf Spielen und der neunte Tabellenplatz sind eine gute Ausbeute. Letztes Jahr waren wir zu diesem Zeitpunkt mit der gleichen Punktzahl Achter. Wir hatten nach einem guten Start eine kleine Delle, aus der wir im Oktober wieder herausgekommen sind. Nach etwas mehr als einem Drittel der Saison liegen zwar noch viele Spiele vor uns, den Start kann man aber sicherlich als gelungen bewerten. Wir haben viele positive Dinge, aber auch Verbesserungsansätze gesehen."   

Bo Svensson war mit den jüngsten Auftritten, das Spiel in München ausgenommen, deutlich zufriedener als noch zu Saisonbeginn. Was macht das Team jetzt besser als noch am Anfang der Saison? 

Schmidt: "Die Mannschaft ist mittlerweile eingespielter, die neuen Spieler sind noch besser integriert. Es braucht immer eine gewisse Zeit, bis sich Neuzugänge an die Art und Weise, wie Bo Fußball spielen lassen möchte, gewöhnen. Der Prozess war am Anfang im Gang, deshalb haben wir zu Saisonbeginn auch öfters mal nicht zu dem Spiel gefunden, das uns auszeichnet. Auch einige Spieler, die die Vorbereitung nicht vollständig absolviert haben, sind jetzt in Form gekommen. Mittlerweile sind wir in der Breite daher sehr stark, die Formkurve zeigt bei allen Spielern nach oben. Deshalb können wir nun auch von der Bank Spiele verändern, Rückstände aufholen oder Führungen halten." 

In der anstehenden langen Winterpause steht für FSV-Sportdirektor Schmidt eine arbeitsintensive Zeit an.

Gibt der erste Heimsieg noch einmal zusätzlichen Rückenwind? 

Schmidt: "Der Sieg gegen Köln war natürlich wichtig für die Mannschaft. Vorher hatten wir eine leichte Bewölkung über Mainz, auswärts hat die Sonne gestrahlt. Die Wolke haben wir jetzt hoffentlich verscheucht, sodass wir auch hier Sonnenschein haben. Daher freuen wir uns riesig auf das nächste Heimspiel, denn nach dem Sieg gegen Köln wollen wir unbedingt nachlegen."  

Das nächste Heimspiel ist ein gutes Stichwort: Du warst von 2017 bis 2018 einige Monate Trainer in Wolfsburg. Inwiefern sind Spiele gegen den VfL für dich persönlich etwas Besonderes? 

Schmidt: "Die Besonderheit sind die Kontakte, die man zum Trainerteam, den Verantwortlichen und Staff-Mitarbeitern hat. Diese Verbindung ist über die Jahre nie abgerissen. Auch von den Spielern sind noch einige aus meiner Wolfsburger Zeit dabei. Deshalb freue ich mich, am Samstag einige bekannte Gesichter wiederzusehen." 

Wolfsburg ist nach einem schwierigen Saisonstart aktuell gut in Form, hat jetzt sechs Pflichtspiele in Folge nicht verloren. Was macht den VfL momentan so stark? 

Schmidt: "Sie zeigen mittlerweile ihre Qualität und haben daher zuletzt gut gepunktet. Der Trainer ist angekommen und sein System greift langsam. Auch bei ihnen zeigt die Formkurve nach oben. Ihre große spielerische Qualität ist sicherlich eine der Stärken. Wenn sie die auf den Platz bekommen und kompakt agieren, ist es ein Team, das eigentlich in die Top-Fünf der Bundesliga gehört. Sie haben, auch durch Jonas Wind, der wieder fit ist, eine hohe Qualität im Angriff, das macht sie aus. Von daher wird es am Samstag sicherlich ein Spiel zweier formstarker Teams, die vehement gewinnen wollen."

Seit Dezember 2020 arbeiten Schmidt und Christian Heidel, hier gemeinsam im Mainzer Sommertrainingslager, beim FSV erfolgreich zusammen.

Nach dem Wolfsburg-Spiel stehen noch die Partien auf Schalke und gegen Frankfurt an. Was ist die Zielsetzung für die drei Partien? 

Schmidt: "Die Wunschvorstellung ist natürlich, dass wir das Heimspiel gegen Wolfsburg gewinnen, über die 20-Punkte-Marke kommen und unseren Punkteschnitt halten." 

Nach dem Frankfurt-Spiel beginnt dann schon die WM-bedingt lange Winterpause. Was ist in diesem Jahr anders?  

Schmidt: "Die Winterpause wird eine spannende Herausforderung. Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Bundesligisten diese angehen. Manche trainieren direkt weiter und legen dann im Dezember eine lange Pause ein. Andere machen es so wie wir, machen direkt eine Pause, gehen dann in einen "erhaltenden Trainingsmodus", der natürlich auch einige Trainingsspitzen beinhaltet. Ab Weihnachten kommt man wieder in einen normalen Rhythmus. Man hat ein paar Tage Pause, dann startet die Vorbereitung auf die Rückrunde inklusive des zweiten Trainingslagers."

Gibt es möglicherweise auch Vorteile, die die lange spielfreie Zeit mit sich bringt? 

Schmidt: "Die lange Pause ist eine gute Gelegenheit, um junge Spieler aus der U19 und U23 in allen Belangen näher an die Profimannschaft heranzuführen, egal, ob es um Athletik, Technik oder Taktik geht. Ein weiterer interessanter Ansatz ist, dass viele Spieler nach zwei sehr intensiven Jahren, mit den Corona-Einschränkungen und kurzen Sommerpausen nun etwas Zeit haben, um sich besonders mental zu erholen. Physisch und athletisch wollen wir sie natürlich weiter belasten, aber der Druck fällt erstmal weg, das ist für die Spieler enorm wichtig." 

Wie wird die Winterpause für dich als Sportdirektor aussehen? 

Schmidt: "Christian Heidel hat es ja schon mehrfach angedeutet, dass die längste Transferperiode aller Zeiten auf uns zukommt. Die Zeit wird für uns intensiv, man möchte Verträge verlängern, führt Gespräche mit potenziellen Neuzugängen und beschäftigt sich mit der Kaderplanung. Wir als Verantwortliche haben in dieser Zeit also viel zu tun, da wird die Erholung für die Spieler sicherlich größer sein als für uns. Nichtsdestotrotz werde ich auch mal die Räumlichkeiten wechseln und in die Schweiz fahren, um von dort aus zu arbeiten und zwischendurch mal die Gelegenheit nutzen, um mich für ein paar Tage zurückzulehnen."